Zigaretten nach Afrika verkaufen

Nigerias Regierung klagt drei große Tabakhersteller – Wegen Antiraucherkampagnen in Europa soll nun Afrika Tabakumsätze bringen

Nigeria hat Klagen gegen drei
international agierende Tabakkonzerne eingebracht. Rund 44 Mrd. Dollar
Schadenersatz will die Regierung in Abuja http://www.nigeria.gov.ng für
den ihrer Meinung nach inakzeptablen Druck der Zigarettenhersteller auf
die dortige Bevölkerung haben. Seit den Antiraucherkampagnen in Europa
und den USA suchen die Tabakgiganten nach neuen Absatzmärkten. Dabei
geraten immer jüngere Kunden ins Visier der Konzerne, berichtet
BBC-Online.

British American Tobacco (BAT) http://www.bat.com , Philip Morris und
International Tobacco Ltd weisen die Anschuldigungen als haltlos zurück
und argumentieren damit, sozial verantwortliche Unternehmen zu sein, die
Kinder nicht als Zielgruppe für ihre Produkte sehen. Die Konzerne
kritisieren die immensen Forderungen und weisen die Klagen als
gegenstandslos zurück. Rechtsberater und Anwälte der Regierung sind
allerdings überzeugt davon, dass sie die Klage gewinnen können.

Als Beweis sollen auch Emails zwischen den Angestellten der
Tabakkonzerne herangezogen werden. In diesen Mails soll es darum gehen,
Jugendliche für das Rauchen zu begeistern und den Gesetzgeber dazu zu
animieren, Tabakverkauf nicht mehr zu regulieren. Vier nigerianische
Lokalregierungen hatten bereits angemeldet, ebenso Klagen gegen die
Zigarettenindustrie wegen dieser Vorwürfe einzubringen. Rauchen ist in
Westafrika weit verbreitet und der BAT-Konzern hat erst kürzlich eine
Fabrik im westafrikanischen Land errichtet. Nach Angaben von
Antiraucher-Aktivisten bekommen vor allem Kinder und Jugendliche
dauerhaft zu hören, dass Rauchen etwas Gutes sei, berichtet BBC. Junge
Raucher kaufen Tabak von Händlern in einzelnen Stangen. Dies erleichtere
auch den Zugang zum Rauchen.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO http://www.who.int
rauchen rund 18 Prozent der jungen Nigerianer – und sorgen dafür, dass
die Gesundheitsstatistik der rund 140 Mio. Nigerianer nicht allzu gut
ausfällt. Der Großteil der Bevölkerung des westafrikanischen Landes ist
unter 20 Jahre alt.

Mehr als 3.000 Seiten Beweismaterial haben die Rechtsanwälte bereits in
Händen, wie Chefankläger Babatunde Irukera gegenüber BBC meint. Dort ist
die Rede davon, wie man am ehesten an junge Raucher herankommen kann.
„In den E-Mails werden sie YAUS – Young and Underaged Smokers –
genannt“, so Irukera. Vorbildwirkung haben zahlreiche Klagen, die von
US-Antiraucherkampagnen und Anwälten gegen die Tabakindustrie
eingebracht wurden. Einige dieser milliardenschweren Klagen wurden
allerdings verworfen. So wies im Jahr 2000 ein Gericht in Florida eine
Forderung von 145 Mrd. Dollar gegen einen Tabakhersteller als
„unrechtmäßig“ zurück.

In Nigeria kommen auch noch andere schwerwiegende Probleme im
Gesundheitswesen hinzu: Die öffentlichen Kliniken gelten als chaotisch
und schlecht ausgestattet. Geräte würden nicht funktionieren und es
fehle an geeigneten Medikamenten. Die Anwälte der Tabakkonzerne könnten
folglich vorbringen, dass der Staat Nigeria sich um seine Bürger im
Bezug auf Gesundheitsvorsorge kaum Gedanken mache bzw. dafür kein Geld
zur Verfügung stelle und daher keine Verantwortung für die Menschen
übernehme. Seitens der Tabakindustrie weist man jegliche Verantwortung
für den schlechten Gesundheitszustand der Bevölkerung von sich. BAT
argumentiert, dass es bereits seit den frühen 1900er Jahren in Nigeria
tätig sei und niemals Kinder als potenzielle Kunden gesehen hätte.
Wolfgang Weitlaner

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