Gault Millau Sachen 2008

Stefan Hermann vom neu eröffneten „Bean & Beluga“ in Dresden und Peter Niemann vom „Allee“ in Leipzig sind für die französische Gourmet-Bibel Gault Millau die kulinarischen Aufsteiger des Jahres in Sachsen. Sie kochten sich in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2008 in die kleine Klasse der Kochkünstler des Landes.

Bei Hermann, der letztes Jahr als langjähriger Küchenchef des „Caroussel“ in Dresden ausschied und sich in diesem Frühjahr selbständig machte, loben die Kritiker: „Die Jacobsmuscheln auf Couscous und Korianderhollandaise (auf der ein Löffelchen Beluga-Kaviar thront) sind so herzhaft wie subtil. Die Ravioli von Ochsenschwanz mit Trüffeln und Gänsestopfleber besitzen eine umwerfende Vitalität. Der confierte Kabeljau mit Kapern in bedächtiger Zitronenbegleitung ist ein Meisterstück aus erstklassiger Produktqualität, Frische, Garzeitperfektion, Harmonie und Präsentation.“ Dafür bekam er vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 16 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für einen „hohen Grad an Kochkunst, Kreativität und Qualität”. Der zugehörige Feinkosthandel erinnert an den bekannten Delikatessenladen Dean & DeLuca in New York, der zu dem Dresdner Namen inspirierte.

Auf 15 Punkte steigerte sich der „stets um beste Produkte aus möglichst naher Umgebung bemühte“ Peter Niemann vom „Allee“ in Leipzig. „Bei ihm stimmte heuer alles – vom Taschenkrebs in feiner Senfmarinade mit Schnittlauchcreme über schaumiges Parmesansüppchen (neckisch im Einmachglas aufgetischt) bis zum schmelzigen Portweineis mit Schokolade an Safranschaum.“

Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in Sachsen teilen sich mit jeweils 17 Punkten Detlef Schlegel vom „Stadtpfeifer“ in Leipzig und Dirk Schroer vom „Caroussel“ in Dresden. „Aus der handwerklich untadeligen und künstlerisch ambitionierten Küche Detlef Schlegels“, so schwärmen die Tester, „kommt von Alba-Trüffel bis Zackenbarsch alles, was in höchster Güte und Frische am Markt verfügbar ist. Nachhaltigen Eindruck hinterließen das mit Saiblingskaviar gefüllte Langustinentatar im Krustentierfond oder der glacierte Rehrücken mit Balsamico-Kirschen und Püree von grünen Mandeln.“

Bei Schroer, der „auf bestem Wege zur kulinarischen Nr. 1 in Sachsen ist, begibt sich die Küche schon zu Beginn des Menüs auf die Überholspur mit fast rohem Kaisergranat in einem Sud von Krustentieren, in dem Oliven, Minipfifferlinge, würzige Bouchotmuscheln, Zucchiniwürfelchen und Passepierre-Algen einen harmonischen, farbenfrohen Aromenmix veranstalten. Als Highlight in Erinnerung blieb uns das ‚Kalb von Kopf bis Fuß’ (eine Idee des Münchners Mario Gamba, die hier intelligenter ausgeführt wird): ein kunstvoll geformtes Türmchen mit gebratenem Bries und gebackenem Kalbskopf, umwickelt mit einer Scheibe von der Hochrippe, dazu Kalbsschwanzkompott im Wirsingblatt in einer Jus mit Erbsen, gewürfeltem Kalbsfuß, Pfifferlingen und Kartoffelnudeln. Separat dazu noch Niere auf Püree mit Aprikosen in Senfkörnersauce.“

Ihre 16 Punkte aus dem Vorjahr verteidigten Mario Pattis vom „Gourmet-Restaurant Pattis“ in Dresden und Peter Maria Schnurr vom Leipziger „Falco“. Pattis beeindruckte durch „kurz angebratenes Hirschtatar in harmonischer Begleitung von Jacobsmuschel, Kaviar und intensivem Steinpilzschaum“, Schnurr durch „eine Entenstopfleber mit Stachelbeersaft und das Kalbsduo mit Pfifferlingssandwich.“

15 Punkte erkochten sich wieder die Küchenchefs der Restaurants „St. Andreas“ in Aue („raffiniert das im Lorbeerlaub gebratene Zanderfilet mit Rieslingsauce auf Schwarzwurzeln“), „Pavillon“ in Hartenstein („Ragout von Hummer und Spargelspitzen im Kartoffelbaumkuchen mit Schokoladen-Sabayon“), „Schlemmerzimmer“ in Kirschau („eingemachte Entenbrustpralinen in einem Schaum aus grünen Äpfeln und Meerrettich“) sowie „La Cachette“ („perfekt gegrillter weißer Heilbutt auf cremigem Kürbisrisotto“) und „Medici“ in Leipzig („Schokoladenpudding auf geschmorten Aprikosen mit Ingwereiscreme“).

Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 46 Restaurants in Sachsen. 36 Küchenchefs zeichneten sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Könner am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen mussten, was einem Michelin-Stern nahe kommt.
Das schafften unter den neu eröffneten oder erstmals bewerteten Restaurants auch das „Callas“ in Bad Elster mit 14 Punkten sowie mit jeweils 13 das „HeckArt“ in Chemnitz, das „Schwanefeld“ in Meerane und gleich 6 Leipziger Lokale: „Campus“, „Drogerie“, „Heine“, „Passion“, „Piagor“, „Restaurant im Gohliser Schlösschen“.

Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe servierte der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau in Sachsen 5 langweilig gewordene Restaurants ab und nahm 16 inspirierte Küchen neu auf.

Zudem testete der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (916 Seiten, 30 €) die Luxus-Kreuzfahrtschiffe „Seven Seas Voyager“, deren Küche der Deutsche Tobias Schneider aus dem Harz leitet, und „MS Europa“, die der Wohlfahrt-Schüler Stefan Wilke bekocht. Ferner beschreibt und klassifiziert der Guide 420 Hotels.

Die besten Restaurants des Gault Millau in Sachsen

1. Caroussel in Dresden,
Stadtpfeiffer in Leipzig (beide 17 Punkte),
3. Bean & Beluga** und Gourmet-Restaurant Pattis in Dresden,
Falco in Leipzig (alle 16 Punkte),
6. St. Andreas in Aue,
Pavillon in Hartenstein,
Schlemmerzimmer in Kirschau,
Allee*, La Cachette und Medici in Leipzig (alle 15 Punkte),
12. Callas** in Bad Elster,
Allie’s American Grille, Kaiser Maximilian und Villers in Leipzig,
Zensur in Meißen,
Schillerstuben in Schkeuditz,
Drei Schwäne in Zwickau (alle 14 Punkte).

* Aufsteiger **Newcomer

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