Der 35jährige Klaus Erfort vom Restaurant „Gästehaus Erfort“ in Saarbrücken wurde von der französischen Gourmet-Bibel Gault Millau zum „Koch des Jahres“ in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2008 gekürt. Aus der Begründung: „Abseits aller Medieneitelkeiten reifte er zum Weltklassekoch. Er setzt die modernen Stilmittel im klassischen Geist ein und hat in seinem Perfektionsstreben nur ein Ziel: dass es uns Gästen schmeckt.“. Er bekam vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 19 von 20 möglichen Punkten. Eine höhere Note haben mit 19,5 Punkten nur 3 Köche in Deutschland: Erforts ehemaliger Chef Harald Wohlfahrt in Baiersbronn (Schwarzwald), Helmut Thieltges im nahen Dreis bei Wittlich und Joachim Wissler in Bergisch Gladbach bei Köln.
Erfort imponierte den Testern durch „hervorragende Produktqualität, großen Ideenreichtum, vorzüglich abgestimmte Aromenvielfalt und ehrgeiziges Perfektionsstreben. Er schickt unsere Sinne auf Entdeckungsreise bei einem mit Langustine gefüllten Raviolo aus Milchhaut in grünem Gazpacho, bei Gänsestopfleber in hauchdünnem, gepfeffertem Ananasmantel, über den ganz fein geriebene grüne Mandeln gestreut waren, oder bei Taubenbrust mit geschäumter Haselnussmilch.“ Der sehr bescheiden auftretende Porschefahrer Erfort, der schon mit 21 Jahren in der Völklinger „Orangerie“ einen Michelin-Stern und bald darauf 18 Punkte holte, beeindruckt die Tester nicht nur als Koch, sondern auch als Gastgeber: „Kaum irgendwo macht große Küche so viel Spaß wie hier, weil sie nicht bedeutungsschwer daherkommt und nicht ehrfürchtig bewundert, sondern frohen Herzens genossen werden will.“
Auf 15 Punkte, die einen „hohen Grad an Kochkunst, Kreativität und Qualität“ bedeuten, verbesserte sich Rudi Geiß von der „Rützelerie Geiß“ in Kirkel, der „seine aromatischen Akzente immer souveräner setzt. Der kochende Ästhet, der auf seinem formschönen Porzellan betörende Bilder malen kann, stellt den runden Rouladen vom Perlhuhn amüsante viereckige Semmelknödelchen gegenüber, variiert die Gemüsebegleitung – Möhren und Zucchini – vielgestaltig und rundet das Ganze mit zwei dekorativ ineinander fließenden Saucen ab, die nicht nur optisch kontrastieren: Leicht liebliche Portweinglace vermählt sich mit fein säuerlicher Sahnesauce.“
Die gleiche Note erreichte auf Anhieb der erstmals bewertete Ernst Halbritter vom „Schlossgarten“ in Saarbrücken. Die Tester lobten: „Die Senfcreme zum Steinbutt kriegt einen belebenden Schuss Sherry ab, die auf der Zunge zerschmelzenden Kalbsbäckchen in kräftiger Burgundersauce ruhen auf rustikalem Kartoffelstampf und werden von gehobelter Gänseleber üppig bedeckt, und die malerischen Dessertphantasien sind eine Wucht.“
Platz 2 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau im Saarland hält mit 18 Punkten Christian Bau vom „Schloss Berg“ in Perl-Nennig, der auch typische Kritiker-Häme abbekam: „einer der größten reproduzierenden Künstler, die an deutschen Herden bewundert werden wollen. Nichts, was gerade in der großen, weiten Küchenwelt im Schwange ist, entgeht Baus Aufmerksamkeit, und was immer er irgendwo abkupfert, gerät auf seinen berückend schönen Tellern nicht selten perfekter als das Original. Denn an technischer Brillanz kommt ihm so schnell keiner gleich, der Aufwand, den er treibt, ist atemberaubend, und mit seinem zähen Fleiß könnte er es bis nach ganz oben schaffen – wenn dort in dünner Höhenluft nicht noch andere Qualitäten gefragt wären.“
Konkret mosern die Tester: „Bau würzte zuweilen so extrem, als wollte er damit irgendetwas verdecken – was freilich nicht sein konnte, denn seine Produkte sind immer erstklassig und von unzweifelhafter Frische. Trotzdem notierten wir zu viel Salz am leicht geräucherten Lachs, einen Austerncocktail, der mehr nach dem darüber gestreuten Saiblingskaviar schmeckte als nach Austern, zu viel gestoßenen Pfeffer am Steinbutt und eine nahezu versalzene Sauce zur auf Holzkohle gegarten Taube.“
Seine 17 Punkte aus dem Vorjahr verteidigte Alexander Kunz vom „Restaurant Kunz“ in St. Wendel: „Im Gemüsesud pochierter Bachsaibling und Reh im Crêpeteig mit Speckrahmwirsing und Apfel-Rotkohl belegten eindrucksvoll, dass man die gehobene Landhausküche vortrefflich beherrscht. Die große Oper gaben furios Langostinos auf Pfefferananas mit Krustentiersauce oder Dorade Royale en papilotte.“
Eins auf die Kochmütze bekamen Josef Hubertus von der „Hostellerie Hubertus“ in Tholey und Bernhard Michael Bettler von der „Villa Fayence“ in Wallerfangen. Bei dem auf 16 Punkte zurückgestuften Hubertus missfiel, dass „er alles püriert, was sich nicht wehrt“ und „die Dessertkarte verwirrt: Wieso ist mal von Aprikosen und mal von Marillen die Rede, mal von Topfen und mal von Quark? Vielleicht um davon abzulenken, dass eigentlich nicht viel Spannendes draufsteht?“ Bettler bekam von den Testern nur noch 15 Punkte, „weil wir bei der Lasagne von Kalbsbries mit gebratener Kalbsleber einer kreativen Resteverwertung teilhaftig wurden. Insgesamt wünschen wir Bettler mehr Mut dazu, auch mal etwas wegzulassen – er sollte immer bedenken, dass vorläufig noch mehr verwöhnte Gourmets als hungrige Holzfäller bei ihm zu Tische sitzen.“
Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 20 Restaurants im Saarland. 17 Küchenchefs zeichneten sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Künstler am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen mussten, was einem Michelin-Stern nahe kommt.
Das schafften unter den erstmals bewerteten Restaurants die „Niedmühle“ in Rehlingen-Siersburg und die „Alte Brauerei“ in St. Ingbert, das wieder aufgenommene „Hämmerle“ in Blieskastel kam sogar auf 14 Punkte.
Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe servierte der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau im Saarland 2 langweilig gewordene Restaurants ab und nahm 6 inspirierte Küchen neu auf.
Zudem testete der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (916 Seiten, 30 €) die Luxus-Kreuzfahrtschiffe „Seven Seas Voyager“, deren Küche der Deutsche Tobias Schneider aus dem Harz leitet, und „MS Europa“, die der Wohlfahrt-Schüler Stefan Wilke bekocht. Ferner beschreibt und klassifiziert der Guide 420 Hotels.
Die besten Restaurants des Gault Millau im Saarland
1. Gästehaus Erfort* in Saarbrücken (19 Punkte),
2. Schloss Berg in Perl-Nennig (18 Punkte),
3. Restaurant Kunz in St. Wendel (17 Punkte),
4. Zum blauen Fuchs in Obertal,
Hostellerie Hubertus** in Tholey (16 Punkte),
6. Rützelerie Geiß* in Kirkel,
Kuntze’s Handelshof und Schlossgarten* in Saarbrücken,
Villa Fayence** in Wallerfangen (15 Punkte).
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