Gault Millau NWR 2008

Herbert Brockel vom „Husarenquartier“ in Erftstadt, Christian Penzhorn vom „Victorian“ in Düsseldorf, Frank Rosin vom „Rosin“ in Dorsten und Erhard Schäfer vom „Börsen-Restaurant Maître“ in Köln sind für die französische Gourmet-Bibel Gault Millau die kulinarischen Aufsteiger des Jahres in NRW.
Sie kochten sich in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2008 in die Phalanx der 100 besten Köche in der Bundesrepublik. 9 andere schafften den Aufstieg in jene Klasse der deutschen Gastronomie, in der Kochen als Kunst wirksam wird.

Brockel beeindruckte durch „einen in Langostinotatar eingebackenen Kapernapfel auf Gurkenscheiben und Vanillecreme oder Hummerroulade im Brotteigmantel mit Erbsenmousseline, Krustentierschaum und Räucheröl“. Penzhorn präsentierte „gebratenes Tatar von der Langoustine mit Pfeffermelone und Pata negra-Schinken sowie Perlhuhn auf Rübstiel mit Portweinbutter und dreierlei Gemüseravioli“. Rosin bot „verblüffend harmonierende Kombinationen wie getrüffeltes Sauerkrauteis mit getrocknetem Tiroler Bachsaibling oder zarte Jacobsmuschel mit saftigem, gepökeltem Schweinebauch“. Schäfer „adelte in Kölns letztem klassisch-französischem Nobelrestaurant gebratene Langustinen in leicht zitrussäuerlicher Pinienkernbutter oder eine Variation vom Lamm auf ligurischem Gemüse durch höchste Qualität und perfekte Behandlung“.

Das Quartett bekam vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 17 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für „höchste Kreativität und Qualität”. Eine höhere Note verdienen nach dem Geschmack der Franzosen nur 7 Köche in NRW und weitere 30 im Rest der Republik.

Auf 16 Punkte steigerte sich Markus Potrafka von der „Villa Medici“ in Münster, der „schnörkellose italienische Küche auftischt: Größte Ehre machen die Risotti, perfetto sind die Ochsenschwanzravioli in luftigem Parmesanschaum, tadellos die Kalbsleber-Scaloppine mit getrüffeltem Kartoffelpüree“.
Auf Anhieb erreichte diese Note Dirk Grammon in der neu eröffneten „Villa Supplie“ in Werne: „Der erst 22jährige zeigt eine erstaunliche, fast altmeisterliche Reife bei Gerichten wie Steinbutt in Schuppen aus jungem Knoblauch mit pikanten Rouille-Ravioli oder geschmorter Ochsenschulter auf Rotweinschalotten und Steinpilzen, angereichert mit rosa Ochsenmark und überglänzt von einer mit Gänseleber gebundenen Sauce.“

Auf 15 Punkte verbesserten sich die Küchenchefs vom „Menge“ in Arnsberg („tomatisierte Fischbouillon mit frischem Gemüse und knusprigem Pesto-Cannellono“), „3a“ in Bielefeld („mit Cognac, Honig, Pfeffer und rotem Hawaii-Salz aufgepepptes Zitronengrasöl zu Gemüse-, Tomaten- und Olivenbrot“), „Gasthof Brendel“ in Duisburg („Blutwurstknödel mit marinierter Gänsestopfleber, Kartoffel/Endivien-Püree und Schalotten“), „Rôtisserie du Sommelier“ in Essen („marinierte Kalbsbrust mit Ratatouille-Vinaigrette“), „Amando“ in Köln („gebackene französische Blutwurst mit Tonkabohnen-Kartoffelpüree und Calvados-Apfelkompott“) sowie „Capricorn [i] Aries“ in Köln („Schweinskotelett mit einem grün-weiß karierten Bohnenmousse-Würfel, den knackige grüne Bohnen stämmen“), „Hinterding“ in Lengerich („beste Matjesfilets mit erdigen Frühkartoffeln, Butter und feiner Apfelcreme“). Sie rückten damit im Verständnis des Guides in jene Küchenklasse auf, in der die Kochkunst relevant wird.

Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in NRW behauptet nun mit 19,5 Punkten Joachim Wissler vom Restaurant „Vendôme“ im „Grandhotel Schloss Bensberg“. Müllers Dessert-Createur Frédéric Guillon wurde für die „subtil gesetzten aromatischen Akzente und exakte Balance von Süße und Säure seiner schwerelosen Schöpfungen“ wie der Komposition aus Schokolade und Himbeeren mit Pinienkerneis und Himbeerbierschaum zum „Pâtissier des Jahres“ gekürt.

Wissler, der sich als „ewig Suchender und Forschender mit keinem noch so überzeugenden Resultat lange zufrieden gibt“, brillierte mit Tatar und Gelee von kleinen Champignons, gestockter Haselnussmilch und luftigem Gänseleberschaum oder gratiniertem Rehrücken in einer Kruste von Kakao- und Buchweizengrütze mit Sauerbratengelee.

Die beiden Schlosshotel-Köche haben 5 Kronprinzen, die ihre 18 Punkte aus dem Vorjahr verteidigten:

– Jean-Claude Bourgueil vom „Schiffchen“ in Düsseldorf bereitete „ganz große Geschmackserlebnisse durch Cappuccino von Schwimmkrabben mit Koriander und Wakame (einer japanischen Braunalge) oder gebratenen Kaisergranat auf leichtem Limonengrasschaum und kandierten Yuzu-Zitronen“,
– Dieter L. Kaufmann von der „Traube“ in Grevenbroich, „70 geworden und seit 45 Jahren an seinem Herd, demonstrierte bei Petersfisch mit leicht karamellisiertem Chicoree, gedünsteten Tomatenstreifen und leichtem Schaum von Vanille und Ingwer, wie überlegt Aromen komponiert, kontrastiert und harmonisch vereint werden können“,
– Eric Menchon vom „Le Moissonnier“ in Köln inspirierte die Tester durch seinen mit Soja-Honig lackierten gebratenen Kabeljau in Zitronengrasmilch oder seinen Sauerbraten von Taubenkeulen mit Mandeln und Rosinen, zu einem „Menü des Jahres“, das „unbändigen Gestaltungsdrang und vielschichtige, detailreiche Kompositionen offenbart“,
– Peter Nöthel vom „Hummerstübchen“ in Düsseldorf vereinte „geschmorten Schweinebauch, Langustinenschwanz, pikantes Erbspüree und Ingwer/Chili-Saft zu einem spannenden Gang und bewies, dass Hummer zu Chili, Champagner, grüner Apfel/Curry- oder Senfsauce passt“,
– Bernd Stollenwerk vom „Gut Lärchenhof“ in Pulheim bei Köln „bereitete beim Rochenflügel auf geschmolzenen weißen Zwiebeln und Ochsenmaul/Kräuter-Salat oder beim Hummer mit gebackenem Kalbskopf und Kapernremoulade Genüsse, die sich tief ins sinnliche Gedächtnis einprägen“.

Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 208 Restaurants in NRW. 162 Küchenchefs zeichneten sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Könner am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen mussten, was einem Michelin-Stern nahe kommt.

Unter den neu eröffneten Restaurants schafften „La Valetta“ in Bergisch Gladbach und „Wiegelmann am Wall“ in Brilon gleich 14 Punkte. Die erreichte auch das erstmals bewertete „Landhaus Nikolay“ in Schermbeck, auf 13 Punkte kamen „Gallo Nero“ in Düsseldorf, „Akasaka“ in Essen, „Balthasar“ in Köln, „Schloss Morsbroich“ in Leverkusen, „Giverny“ in Münster und „Bürmann’s Hof“ in Verl.

Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe servierte der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau in NRW 22 langweilig gewordene Restaurants ab und nahm 18 inspirierte Küchen neu auf; 25 wurden höher, 27 niedriger bewertet. 15 Küchenchefs verloren die begehrte Kochmütze.

Dass in NRW nicht nur vortrefflich gekocht, sondern auch gastfreundlich bewirtet wird, demonstriert die Ehrung der Paderbornerin Annekatrin Simon vom Restaurant „Balthasar“ als „Oberkellner des Jahres“. Aus der Laudatio: „Sie begrüßt die Gäste herzlich, locker und unkompliziert wie Freunde des Hauses und prägt einen sehr persönlichen Service, der nie distanziert, devot oder anbiedernd ist.“

Zudem testete der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (916 Seiten, 30 €) die Luxus-Kreuzfahrtschiffe „Seven Seas Voyager“, deren Küche der Deutsche Tobias Schneider aus dem Harz leitet, und „MS Europa“, die der Wohlfahrt-Schüler Stefan Wilke bekocht. Ferner beschreibt und klassifiziert der Guide 420 Hotels.

Die besten Restaurants des Gault Millau in NRW

1. Vendôme in Bergisch Gladbach (19,5 Punkte),
2. Restaurant Dieter Müller* in Bergisch Gladbach (19 Punkte),
3. Hummer-Stübchen und Im Schiffchen in Düsseldorf,
Zur Traube in Grevenbroich,
Le Moissonnier in Köln,
Gut Lärchenhof in Pulheim bei Köln (alle 18 Punkte),
8. La Bécasse in Aachen,
Halbedel’s G
asthaus und L’orquivit in Bonn,
Rosin** in Dorsten,
Victorian** in Düsseldorf,
Husarenquartier** in Erftstadt,
Résidence in Essen,
St. Jacques in Heinsberg,
Alfredo und Börsen-Restaurant Maître** in Köln,
Balthasar in Paderborn (alle 17 Punkte).

* Absteiger, ** Aufsteiger

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