Alexander Kohnen, Direktor der Deutschen Wein- und Sommelierschule in
Koblenz, beantwortet für die ProWein die wichtigsten Fragen zum Thema
Wein:
Auf welche Angaben auf dem Etikett sollte man besonders achten?
Einige Angaben wie etwa der Alkoholgehalt oder das Füllvolumen müssen
laut Gesetzgeber auf den Etiketten stehen und sind daher obligatorisch.
Darüber hinaus sind oft gerade die Etiketten deutscher Weine mit Herkunfts-,
Rebsorten- und Produktbeschreibungen überladen. Als Faustregel
kann gelten: Je genauer der Ursprung des Weines deklariert ist, desto höher
ist die Wahrscheinlichkeit, dass man einen guten Wein in der Hand
hält. Zudem sollte der Verbraucher auf die Qualitätsklassifizierung des Weines
achten. Ein „QbA“ (Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete) muss wesentlich
schärfere gesetzliche Bestimmungen einhalten als beispielsweise
ein Tafelwein.
Muss jeder Wein dekantiert werden?
Ursprünglich wurden Weine dekantiert, um Rückstände wie beispielsweise
Weinstein oder Schalenreste herauszufiltern. Heute finden sich solche
Rückstände nur noch selten im Wein. Dekantiert werden vor allem Rotweine,
die stark tanninhaltig sind und dementsprechend leicht holzig schmecken.
Durch die Verbindung mit Sauerstoff verflüchtigen sich die herben
Aromen, und die feineren Duft- und Geschmacksnoten können sich entfalten.
Übrigens ist es durchaus sinnvoll, bestimmte gerbstoffhaltige Weißweine,
wie einen im Barriquefass ausgebauten australischen Chardonnay,
in einem speziellen Weißweindekanter anzubieten.
Im Unterschied zu einem Rotweindekanter, der der Umgebungsluft in seinem
breiten Bauch die Möglichkeit gibt, großflächig auf den Wein zu wirken,
sind Weißweindekanter schlanker und laufen nach oben hin eng zu.
Dadurch werden die Fruchtaromen komprimiert und der Wein riecht und
schmeckt intensiver.
Wie trinkt und beschreibt man einen Wein richtig?
Das Beschreiben von Wein beruht immer auf der individuellen Wahrnehmung
jedes Einzelnen. Von richtig oder falsch kann man deshalb nicht
sprechen. Allerdings haben es Menschen, die sich ausschließlich von Fast-
Food ernähren, schwieriger den Geschmack eines Weines treffend zu beschreiben.
Durch bewusstes Trinken und Essen schult man seinen Gaumen
für einzelne Aromen. Nur wer weiß, wie eine Quitte schmeckt, kann ein
Quittenaroma aus einem Riesling herausfiltern.
Folgendes Vorgehen bietet
sich an: Grundsätzlich sollte man, bevor man das Glas ansetzt, zunächst
die Farbe des Weines begutachten. Oft kann man daraus bereits Rückschlüsse
auf den Geschmack ziehen. Dunkle Weißweine sind zum Beispiel
im Regelfall entweder relativ süß oder vergleichsweise alt. Nach den Augen
kommt die Nase zum Einsatz: Durch intensives Riechen entstehen automatisch
die ersten Assoziationen bezüglich der im Wein enthaltenen Aromen.
Erst anschließend probiert man den Wein, indem man einen Schluck
„schlürft“ und ihn mehrmals die Zunge umspülen lässt. Nur das Zusammenspiel
von Sehen, Riechen und Schmecken ermöglicht es, sich einen umfassenden
Eindruck von dem Wein zu verschaffen.
Wie wird Wein richtig gelagert?
Weine, die man heute kauft, werden in der Regel nicht lange gelagert,
sondern direkt getrunken. Wie lange ein Wein haltbar ist, ist abhängig von
Rebsorte, Ausbau und Extrakt. Welche das sind, erfährt man beim gut sortierten
Fachhandel oder direkt beim Winzer. Egal um welche Weine es sich
handelt, gelagert werden sollten sie im Idealfall liegend in einem nicht zu
feuchten, dunklen Kellerraum bei einer möglichst konstanten Temperatur
von circa zwölf Grad Celsius. So verhindert man beispielsweise, dass der
Wein schneller oxidiert und die Farbe ändert.
Bei welchen Temperaturen sollte man Wein servieren?
Rosé- und Weißweine trinkt man am besten gut gekühlt bei einer Serviertemperatur
von acht bis zwölf Grad Celsius, denn die fruchtigen Aromen
werden durch diese kalte Temperatur unterstützt. Junge, leichte Rotweine
genießt man bei zwölf bis 14 Grad, kräftige Rote bei 16 bis 18 Grad Celsius.
Kräftige Rotweine aus dem Barriquefass entfalten sich am besten bei
einer Temperatur von 18 bis 20 Grad Celsius. Eine Weinflasche im Gefrierfach
kurz vor dem Verzehr herunterzukühlen hat nichts Verwerfliches an
sich und verstößt keinesfalls gegen die Etikette – denn wie der Wein seine
Temperatur erhalten hat, lässt sich nicht schmecken.
Beachten sollte man
allerdings, dass man das Weinglas ausschließlich am Stil anfasst. Hält man
ein Glas am Kelch fest, erhöht sich die Temperatur des Weines innerhalb
einer Minute von 18 auf 24 Grad Celsius, was die Wahrnehmung der Aromen
und somit den Geschmack des Weines verfälscht.
Welchen Wein sollte man aus welchem Glas trinken?
Theoretisch ließe sich für jeden einzelnen Wein ein eigenes Weinglas produzieren,
denn jeder Wein entfaltet seine Aromen unterschiedlich. Grundsätzlich
unterscheidet man zwischen Rot- und Weißweingläsern.
Letztere
sollten der Umgebungsluft keine allzu große Angriffsfläche bieten und
deshalb nach oben hin leicht zulaufen. Dadurch werden die Aromen gebündelt
und durch den Glashals nach oben gepresst.
Rotweine hingegen, besonders die gerbstoffintensiven, verlangen nach einem
möglichst großen Spiegel. Rotwein benötigt diese große Oberfläche,
damit der Sauerstoff die Intensität der Gerbstoffe abmildern kann. Egal ob
Weiß- oder Rotweinglas – dünnwandig sollten sie sein. Hier gilt der Grundsatz:
Je dünner das Glas, desto hochwertiger. Dünne Gläser haben zudem
den Vorteil, dass der Wein erheblich langsamer von der Glasinnenseite herunterperlt.
Währenddessen „bricht der Wein auf“ und kann seine Aromen
besser entfalten.
Wie lange hält sich eine offene Flasche Wein?
Bereits geöffnete Weinflaschen sollten grundsätzlich verschlossen und im
Kühlschrank aufbewahrt werden. Allgemein gilt, dass geöffnete Rotweine
länger halten als Weiß- oder Roséweine. Dennoch: Nach zwei Tagen hat ein
geöffneter Wein sein Aroma fast vollständig verändert, spätestens dann
sollte man sich von ihm trennen.
Korken oder Drehverschluss – was ist erste Wahl?
Alternative Weinverschlüsse sind im Kommen. Ob Kunststoff- und Gummikorken,
Drehverschluss oder sogar Kronkorken, immer mehr Winzer lassen
sich von den Vorteilen der Kork-Alternativen überzeugen. Im Gegensatz zu
Kork versiegeln alle anderen Verschlüsse den Wein hermetisch. Kork lässt
den Austausch mit Umgebungsluft in geringen Mengen zu, kann aber auch
Weinfehler erzeugen und somit die Qualität der Weine negativ beeinflussen.
Inzwischen kann man von der Verschlussart jedoch nicht mehr automatisch
Rückschlüsse auf die Weinqualität ziehen. Es gibt sehr gute Weine
mit Schraubverschluss und eher schlechte mit Korken. Bei teuren Spitzenweinen
wird es allerdings noch etwas dauern, bis sich die alternativen Verschlüsse
durchgesetzt haben. Schließlich fällt es heute noch enorm schwer,
sich einen Sommelier vorzustellen, der seinen Gästen einen Topwein wie
eine Flasche Cola anbietet – nämlich aufgedreht.
Ist Weintrinken wirklich gesund?
Hier gibt es viele widersprüchliche Meinungen. Studien besagen, dass der
Genuss von täglich 0,3 Liter Wein für Männer und 0,15 Liter Wein für Frauen
unbedenklich ist. Führt man sich aber vor Augen, dass diese Menge bei
Männern einen durchschnittlichen Weinkonsum von knapp 110 Litern pro
Jahr verursachen würde, scheint die Ausstellung einer gesundheitlichen
Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht angebracht. Wein kann wie jedes
andere alkoholische Getränk abhängig machen, deshalb ist grundsätzlich
Vorsicht vor übermäßigem Konsum geboten.