Europäischer Milchmarkt

Die Milchbauern können sich dieser Tage über steigende Preise für ihre Rohmilch freuen. Indes, die Preise werden künftig wesentlich stärker schwanken als bisher. Diesen Ausblick gab Dr. Joop Kleibeuker, Generalsekretär beim Europäischen Milchindustrieverband (EDA). Kleibeuker kennt die wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge und weiß, wie die internationalen Milchmärkte mit ihren vielfältigen Verknüpfungen funktionieren. Im schleswig-holsteinischen Rendsburg sprach der Experte auf der Milchwirtschaftlichen Kundgebung über die Entwicklung des Weltmilchmarktes.

Die deutschen Milchbauern produzieren zunehmend ohne den Sicherheitsgurt vergangener Jahre. Das umfassende System an Marktinstrumenten wird abgebaut. Man solle sich nicht vormachen, dass es nach 2015 noch ein Milchquotensystem gebe, so Kleibeuker, „da finden sich in der EU-Kommission keine Mehrheiten“. Auch das System der Exporterstattungen werde bei der Kommission nicht mehr als zeitgemäß angesehen. „Die Kommission arbeitet darauf hin, dass die Exporterstattungen in 2014 nicht mehr da sind“, so Kleibeuker. Neben diesem Rückzug der Politik aus den Märkten sorgt die Verringerung der öffentlichen Lagerbestände für einen Abbau des Schutzes vor allzu direkten Konsequenzen für den hiesigen Milchmarkt. „Lagerbestände dämpfen die Auswirkungen von internationalen Entwicklungen auf den nationalen Markt“. Vor diesem Hintergrund sieht Kleibeuker grundsätzlich einen Handlungsbedarf von administrativer Seite. „Die gesamte Kette vom Milchbauern über die Erfassung bis zur Verarbeitung haben ihre Investitionen und ihr Personal auf das bisherige System ausgerichtet“, sagt Kleibeuker, „wenn es Übergangslösungen gäbe, so könnten sich alle Beteiligten besser auf den Systemwechsel vorbereiten.“

Der Wunsch nach einem gewissen Schutz beziehungsweise entsprechenden Regelungen wird verständlich, wenn man sich die aktuellen Entwicklungen für Milch und Milchprodukte auf den Weltmärkten sowie einzelner Nationen vergegenwärtigt. Im Zuge des wachsenden Wohlstands in Ländern wie China steigt die Nachfrage nach Milchprodukten. Die chinesische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, innerhalb der kommenden fünf bis zehn Jahre eine flächendeckende Versorgung der Schulkinder mit Schulmilch zu erreichen. „Welche Effekte sich hierbei auf Basis einer Bevölkerung von 1,2 Milliarden Chinesen ergeben, werden wir sehen“, so Kleibeuker, „und bedenken Sie, dass Käse im Reich der Mitte bislang noch gar kein Thema ist, das wird sich alles noch entwickeln“.
„Hohe Preise sind gut, aber sie sind regelmäßig immer auch ein Risiko“, warnt Kleibeuker. Steigende Preise wecken bei Nachfragern das Interesse nach einer Substitution der entsprechenden Ware.

Insgesamt prognostiziert der Milchfachmann ein ansteigendes Niveau für die Weltmarktpreise bei Milch und die Weiterführung starker Märkte bis 2008. Mit stärkeren Schwankungen – gerade auch nach unten – müsse aber gerechnet werden. Von daher seien die Betriebsleiter jetzt gefordert, ihren Betrieb an der neuen Situation zu orientieren.
(Dr. Uwe Scheper)

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