„Wie viele Genussmomente gibt es für Sie?“ Diese Frage stellte das
BDSI Genuss-O-Meter 2007 über 1.000 Eltern mit Kindern im Alter
zwischen fünf und zwölf Jahren. Das Ergebnis fällt erfreulich aus:
Mütter und Väter zeigen sich „sinnenfroh“. Mehr als ein Drittel aller
Befragten gönnt sich gleich mehrmals am Tag Genussmomente. Fast die
Hälfte der Eltern genießt immerhin zwei- bis dreimal wöchentlich. 13
Prozent erleben pro Woche einen Genussmoment und nur 4 Prozent
weniger als einen alle sieben Tage. „Das entspricht aktuellen
Untersuchungen, nach denen sich die Deutschen vermehrt als
lebenslustig definieren und ihr Dasein zunehmend positiv einordnen“,
erklärt Dr. Rainer Lutz, Psychologe und Genussforscher an der
Philipps-Universität Marburg.
„Ein genussbejahendes Umfeld tut auch den Kindern gut. Eltern
haben auch in puncto Genießen eine Vorbildfunktion. Besonders
förderlich für die Entfaltung positiver Emotionen ist es, wenn sie
sinnliche Erfahrungen zulassen.“
Bei der genaueren Betrachtung der Ergebnisse fällt auf, dass die
Häufigkeit der Genussmomente relativ unabhängig vom Einkommen und
auch keine Frage des Bildungsstands ist. „Genuss besitzt durch alle
Bildungs- und Einkommensschichten hindurch einen hohen Stellenwert“,
so Lutz, der mit dem Vorurteil aufräumt, dass Genießen nicht im
Alltag stattfinden könnte: „Genuss ist täglich möglich“, sagt der
Forscher. „Jedem sind eine Reihe von Alltäglichkeiten geläufig, die
er als genussvoll erlebt. Es ist schön, dass viele unserer Kinder
durch alle Schichten hindurch in einem genussfreundlichen Umfeld
aufwachsen.“
Was können im Alltag Genussmomente sein? Für sie ist es morgens
der frisch duftende und heiße „on-the-go“, den sie auf
dem Weg ins Büro am Bahnhof mitnimmt und dann genüsslich im Zug
schlürft. Dafür geht sie extra fünf Minuten früher aus dem Haus. Für
ihn ist es der knackig-leckere Schokoriegel, den er sich als kleines
Genießer-Highlight am Ende der Frühstückspause gönnt und der ihm beim
„süßen Erleben“ einen extra Entspannungsmoment ermöglicht. Sie
genießt es, abends vor dem Schlafengehen mit den beiden Kindern noch
in deren Lieblingsbuch zu schmökern, während er sich jeden Sonntag
auf eine Stunde ausgelassenen Tobens mit seiner Tochter im Schwimmbad
freut. „Es bedarf keiner außerordentlichen Ereignisse, damit Genuss
erfahrbar wird. Besonders schöne Genüsse erwachsen aus
mitmenschlichen Kontakten“, sagt Lutz. Diese Erkenntnis ist übrigens
eine von sieben goldenen Regeln der „Kleinen Schule des Genießens“,
die an der Marburger Philipps-Universität entwickelt wurde und die
heute international Erfolge im therapeutischen Einsatz zeitigt.
Eine Regel der Genussschule besagt aber auch, dass Genießen Zeit
braucht: „Ein emotionaler Zustand, insbesondere ein positiver, will
entwickelt sein. Zeit muss man sich demnach nehmen, um sich einen
Freiraum für Genuss zu schaffen.“ Wobei diese Extrazeit nicht in
Stunden zu messen ist. Vielmehr geht es um das bewusste Erleben des
Moments, und der kann auch nur wenige Minuten lang sein, so Lutz.
Ergänzend tut „Entschleunigung“ gut: Für die kleine Fantasiereise am
Abend allein oder zusammen mit den Kindern, für den gemeinsamen
Waldspaziergang am Morgen, für den Kaffeeklatsch unter Freundinnen
und das gemeinsame Joggen mit dem Partner. Für all diese Dinge
braucht es Muße und Ruhe – und etwas mehr Zeit.