Zwei Drittel aller deutschen Auswanderer sehnen sich zurück
Der Traum vom Leben in der Ferne endet für viele deutsche Auswanderer mit Enttäuschungen: Laut einer Studie des Expatriate-Portals Just Landed empfinden 68 Prozent aller Auswanderer den Neustart im Ausland als „schwieriger als erwartet“, 71 Prozent möchten irgendwann nach Deutschland zurück.
„Das Glück liegt in der Ferne“ – mit dieser Hoffnung verlassen immer mehr Deutsche ihr Heimatland. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wanderten im letzten Jahr 155.000 Menschen aus Deutschland aus. Dies ist der höchste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen (1950) und ein plus von 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit Serien wie „Deutschland adé“ (Arte), „Mein neues Leben“ (Kabel 1), „Umzug in ein neues Leben“ (RTL) oder „Goodbye Deutschland“ (Vox) heizen die Fernsehsender den Traum von einer neuen Zukunft zusätzlich an: „Einfach nur noch weg“ – so lautet die Devise.
Tatsächlich aber entspricht die Realität im Ausland meist nicht den Erwartungen: Laut einer Umfrage des Auslandsportals Just Landed ( www.justlanded.com ) unter 1200 deutschsprachigen Auswanderern im Juli und August 2007 empfinden nur 34 Prozent ihr Leben im Ausland besser als in Deutschland, nur ganze 22 Prozent sind „sehr zufrieden“ mit ihrer neuen Heimat. Vor allem die ersten Monate in der Fremde sind für die überwiegende Mehrheit der Auswanderer schwieriger als erwartet. Zu den größten Problemen zählt das Einleben in der neuen Kultur (85%), der Aufbau eines neuen Freundeskreises (72%), aber auch praktische Herausforderungen wie die Job- und Wohnungssuche oder das Erlernen der neuen Sprache.
„Wie sind immer wieder überrascht, mit welcher Naivität viele Menschen sich den Umzug in Ausland vorstellen“, sagt Simon Lynch, Managing Director von Just Landed. Vielen sei nicht klar, dass in der fremden Umgebung selbst die kleinsten Aufgaben wie die Eröffnung eines Bankkontos oder die Bestellung eines Telefonanschlusses zu einem Problem heranwachsen können „Gerade in den ersten Monaten sind viele Auswanderer mit solchen Alltagsproblemen völlig überfordert“, so Lynch. „Auf unseren 31 Landesportalen vermitteln wir daher praktische Informationen zur Wohnungs- und Jobsuche, zum nationalen Gesundheits- und Finanzsystem sowie zu anderen praktischen Alltagsfragen.“
Trotz der Herausforderungen scheint die Auswanderungswelle noch lange nicht ihren Höhepunkt erreicht zu haben: Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach würde jeder fünfte Deutsche gerne aus Deutschland auswandern, vor allem junge Menschen unter Dreißig zieht es in die Ferne (33 Prozent). Über alle Altersgruppen hinweg geben die meisten als Hauptgrund an für den Auswanderungswunsch an, dass Ihnen andere Länder einfach besser gefallen (54 Prozent), bei den Jüngeren unter Dreißig steht hingegen der Arbeitsplatz im Vordergrund (56 Prozent). Experten wie der DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun warnen dabei vor einem „Brain Drain“. So denken zwei Drittel aller Medizinstudenten und drei Viertel aller IT-Selbstständigen darüber nach, sich in einem anderen Land niederzulassen.
Nachdem sich in Deutschland die öffentliche Diskussion über Jahrzehnte hinweg ausschließlich auf das Thema Einwanderung konzentrierte, rückt damit nun erstmals auch die Auswanderung in den Fokus. In anderen westeuropäischen Ländern beschäftigt man sich schon seit längerem mit diesem Thema „In Großbritannien gibt es zum Beispiel eine ganze Dienstleistungsbranche, die sich ausschließlich auf britische Auswanderer konzentriert“, so Daniel Tschentscher, Gründer von Just Landed. „Viele große britische Banken bieten zum Beispiel bereits seit Jahren spezielle Produkte für britische Auswanderer, britische Krankenversicherungen haben spezielle Tarife für Expatriates geschaffen.“
Dass Auswanderer eine attraktive Zielgruppe sind, daran hat Tschentscher keinen Zweifel. „Nach dem Umzug ins Ausland müssen Sie alle Grundbedürfnisse des täglichen Lebens neu bedienen“, so Tschentscher. „Sie brauchen eine Wohnung, einen Telefon- und Internetanschluss, ein Mobilfunktelefon und meistens eine neue Krankenversicherung.“ Zu den Werbepartnern von Just Landed gehörten daher neben mittelständischen Dienstleistern wie Rechtsanwälten, Sprachschulen und Maklern auch Banken, Versicherungen und Telekommunikationsunternehmen. „Durch besondere Angebote – zum Beispiel durch eine Kundenbetreuung auf Englisch – generieren diese Anbieter nicht nur zusätzlichen Umsatz mit Expatriates, sondern erleichtern diesen gleichzeitig das Einleben im Ausland.“