Umweltschützer kritisieren deutsches Unternehmen in Äthiopien
Das Münchner Unternehmen
Flora Ecopower Holding AG www.floraecopower.com soll für die
Produktion von Biodiesel in Äthiopien Wildnisgebiete zerstört haben, in denen unter anderem Elefanten und Löwen leben. Internationale
Umweltorganisationen haben erneut gegen den Anbau von Biotreibstoffen in
Naturschutzgebieten protestiert.
„In Äthiopien gibt es nur noch 600 bis 1.600 Elefanten, einer der
letzten Bestände lebt im Babile Elephant Sanctuary. Diese Bestände sind
nun durch den Biosprit-Anbau gefährdet“, so Daniela Freyer von der
Umweltorganisation PRO WILDLIFE http://www.prowildlife.de . „Es ist inakzeptabel, für das gewinnträchtige
Geschäft mit Agrotreibstoff Natur zu zerstören – und das unter dem
Deckmantel des Klimaschutzes.“ Wie ernst die Situation in Äthiopien
tatsächlich ist, schildert auch Yirmed Demeke, Präsident der Ethiopian
Wildlife Association. „Hier leben rund 1.000 Schwarzmähnen-Löwen und
etwa 300 Elefanten, die unmittelbar von der Rodung betroffen sind“, so
Demeke. Das Unternehmen kümmere sich nicht um die Bestände an
Wildtieren.
„In Äthiopien gibt es auf nur vier Prozent der Landesfläche Elefanten.
Im Babile-Schutzgebiet, 550 Kilometer östlich von Addis Abeba, leben
neben den Elefanten auch noch vom Aussterben bedrohte Afrikanische
Wildesel und über 250 Vogel- und Pflanzenarten“, ergänzt Freyer. Das
7.000 Quadratkilometer große Schutzgebiet wurde 1971 eingerichtet, um
den gefährdeten Elefantenbestand zu sichern. Die lokale Behörde hat im
Juni 2007 Genehmigungen für den Anbau von Rizinus-Ölsaaten erteilt. Alon
Hovev, Flora Ecopower Chief Operation Officer für Äthiopien, meinte im
Juni, dass das Unternehmen mit Wildschutz-Experten über die
Vorgehensweise verhandeln werde, um die Elefantenbestände nicht zu
gefährden.
„Flora Ecopower hat bereits mit der Kultivierung von insgesamt 13.000
Hektar Land begonnen, teils in bisheriger Wildnis“, kritisert Freyer.
„Mit Bulldozern wurden bereits große Flächen Buschland platt gemacht.“
Laut Vorwürfen äthiopischer Umweltschützer geschah dies zum Teil illegal
im Elefantenschutzgebiet und ohne dass zuvor eine
Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde. „Wo früher Wildnis
war, wachsen jetzt Monokulturen. Das Öl ist für europäische Raffinerien
bestimmt. Dieser angebliche Biodiesel verdient seinen Namen nicht“,
kritisiert Freyer. Doch scheint dies noch nicht das Ende des Ausbaus der
Anbauflächen zu sein. Insgesamt hat sich Flora Ecopower in Äthiopien
60.000 Hektar Fläche aus Staatsbesitz und von Kleinbauern gesichert. Bis
2011 will das Unternehmen 700.000 Tonnen „Biodiesel“ produzieren.
In Zeiten von Klimawandel, Verknappung fossiler Brennstoffe und
steigender Ölpreise versprechen sich deutsche Anleger ein hohes
Wachstumspotenzial aus dem Geschäft mit alternativen Energie-Rohstoffen
sowie eine „nachhaltige“ Anlagemöglichkeit. „Doch das Öko-Image wackelt,
die Kritik an der oft destruktiven Produktion von Agrotreibstoffen in
Entwicklungsländern wird immer lauter.“ Sei es Rizinusöl aus Äthiopien,
Palmöl aus Indonesien, Zuckerrohr aus Uganda oder Ethanol aus Brasilien:
Internationale Organisationen kritisieren, dass der Agrarsprit-Boom
Ökosysteme zerstört, umweltfeindliche Monokulturen mit hohem
Chemikalieneinsatz schafft, traditionelle Bauernkulturen zerstört und
durch die Konkurrenz mit dem Nahrungsmittelanbau Hungersnöte riskiert“,
listet Freyer die Probleme auf. Die Subventionierung von
Agrotreibstoffen in Deutschland und der EU haben zunehmende Importe von
„Biodiesel“-Rohstoffen aus Entwicklungsländern zur Folge, das Fehlen von
Umweltauflagen verschlimmert das Problem.
„Der Anbau von Agrotreibstoffen wäre nur vertretbar, wenn er ökologisch
und sozio-ökonomisch nachhaltig und zertifiziert erfolgt. Das bedeutet,
dass dafür keine Natur zerstört wird“, so Freyer. „Problematisch sind
auch die intensiven Bewässerungsmaßnahmen, so dass in der Regel eine
Nachhaltigkeit schwer zu erzielen ist.“ Auch der Einsatz gentechnisch
veränderter Pflanzen sei ein großes Problem. „Sozio-ökonomische Probleme
umfassen unter anderem die Verteuerung und Verknappung von
Nahrungsmitteln, die Einschränkung von Landrechten bis hin zu Enteignung
und Menschenrechtsverletzungen“, meint Freyer. Auch innerhalb Europas
könne der Anbau von Agrotreibstoffen negative Konsequenzen für die Natur
haben: „Die EU Kommission will zum Beispiel wegen des gesteigerten
Flächenbedarfes für Agrotreibstoff-Produktion Brachflächen dieses und
nächstes Jahr nicht mehr fördern, was einen Verlust von
Wildtier-Lebensräumen bedeutet“, so Freyer. Wolfgang Weitlaner