Anteile der Rohstoffkosten an den Verbraucherpreisen sehr unterschiedlich
Witterungsextreme, wie die lange Trockenperiode im zurückliegenden April, lösen immer wieder Befürchtungen über knappe Ernten und steigende Verbraucherpreise aus. Da der Nahrungsmittelsektor jedoch ein sehr vielseitiger Wirtschaftsbereich ist, schlagen höhere Rohstoffkosten in ganz unterschiedlichem Maße auf die Verbraucherpreise durch. Grundsätzlich gilt, so die Einschätzung der ZMP, dass der wertmäßige Rohstoffanteil abnimmt, je höher ein Produkt verarbeitet ist. Im Klartext: Von den Eiereinkäufen, die quasi als „Rohwaren“ beim Konsumenten ankommen, erhält der Landwirt stets einen höheren Erlösanteil als dies bei Brot, einem Stück Kuchen, bei Wurstwaren oder bei Bier der Fall ist.
Kleinere Ernten können natürlich schon aufgrund des geringeren Angebotes zu höheren Erzeugerpreisen führen. Ob und in welchem Maße diese höheren Preise für Agrarrohstoffe dann tatsächlich eine Auswirkung auf die Verbraucherpreise für Nahrungsgüter haben, hängt allerdings von vielen weiteren Faktoren ab. Denn Verarbeitungs- und Handelsspannen bestimmen maßgeblich den Produktpreis von Nahrungsgütern mit. Diese wiederum werden erheblich von Energie-, Lager-, Transport-, Personalkosten, Mieten oder auch Steuern beeinflusst. Gerade bei verarbeiteten Produkten sind diese Einflussfaktoren oft wesentlich größer als steigende oder auch sinkende Preise für Agrarrohstoffe.
Wertanteil von Getreide im Brot vergleichweise gering
Die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, FAL, bestimmt jährlich eine Kenngröße, die im Wesentlichen den Anteil misst, den der Landwirt von dem bekommt, was die Verbraucher für Nahrungsmittel zahlen. Aktuelle Ergebnisse liegen derzeit für das Wirtschaftsjahr 2004/05 vor, Berechnungen mit neueren Daten dürften nur marginal davon abweichen. Eine grundsätzliche Bewertung der FAL lautet: Der Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel inländischer Herkunft ist stark differenziert. Bei Brot beträgt er zum Beispiel 3,5 Prozent, bei Kartoffeln 15 Prozent, bei Zucker 37 Prozent, bei Fleisch und Fleischwaren 26 Prozent, bei Milchprodukten im Schnitt 39 Prozent und bei Eiern 71 Prozent. Dadurch wirken sich sinkende oder steigende Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse auch sehr unterschiedlich auf die Verbraucherpreise für Nahrungsgüter aus.
Landwirtschaftliche Wertanteile in Lebensmitteln kleiner geworden
Auf der Grundlage dieser Berechnung kommt Dr. Paul Michels, Leiter der ZMP-Abteilung Marktforschung, zu folgendem Schluss: Selbst eine Verdoppelung des derzeitigen Brotgetreidepreises würde lediglich einen Anstieg der Brotpreise um gerade einmal 3,5 Prozent erklären. In der Praxis ist es allerdings für die Hersteller schwierig, Preissteigerungen gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel durchzusetzen. Auch das führt dazu, dass die Verbraucherpreise in aller Regel nicht so stark schwanken wie die Erzeugerpreise, so Dr. Michels. Bemerkenswert sei allerdings, dass der Erlösanteil der Landwirtschaft an dem, was der Verbraucher zahlt, in den letzten 15 Jahren stetig zurückgegangen ist. Im Wirtschaftsjahr 2004/05 lag er im Durchschnitt aller von der FAL betrachteten Produkte bei etwa 25 Prozent, 15 Jahre zuvor waren es noch 31 Prozent.
Große Unterschiede beim Gemüse
Von Produkt zu Produkt sehr große Unterschiede weisen auch die Anteile der Verkaufserlöse bei den verschiedenen Gemüsearten auf. Nach einer Berechnung von Dr. Hans-Christoph Behr, Leiter der ZMP-Abteilung Obst und Gemüse, liegt dieser Anteil, den die Erzeuger erhalten, im Durchschnitt etwa zwischen 33 Prozent bis 37 Prozent. Dabei steigt der Erlösanteil, wenn das Produkt höherpreisiger ist, wie zum Beispiel beim Spargel. Höhere Einkommensanteile der Erzeuger sind auch zu beobachten, wenn das Angebot knapp ist. Dagegen nimmt der Anteil der Verkaufserlöse der Erzeuger deutlich ab, wenn weitere Verarbeitungsschritte erfolgen, so Dr. Behr. Dies könne man zum Beispiel bei tiefgefrorenen Waren, Säften oder Konserven feststellen.
Kann Trockenheit das Bier teurer machen?
Dieser Frage muss sich die ZMP häufig stellen, zumal im letzten Jahr der Braugerstenpreis stark gestiegen ist. Hierzu rechnet Martin Schraa, Getreidemarktexperte der ZMP vor, dass für die Herstellung von 100 Litern Bier etwa 17 Kilogramm Malz benötigt werden, wofür wiederum rund 22 Kilogramm Braugerste eingesetzt werden. Bei einem Braugerstenpreis von 190 Euro je Tonne ergeben sich demzufolge Kosten von 4,20 Euro pro 100 Liter Bier. In einem normalen Kasten Bier (10 Liter, 12 Euro) ist somit Braugerste im Wert von gut 40 Cent enthalten. Der Einfluss der Braugerstenpreise auf den Bierpreis bleibt somit sehr überschaubar. ( ZMP Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft GmbH)