Bevor ich dort essen war, dachte ich, ich hätte eine Super-Story. Bei Julien Walther las ich viel Positives über das Ein-Sternerestaurant Dos Palillos, dass sich praktischerweise in dem von mir gebuchten Hotel Casa Camper befindet.
Der Küchenchef, Albert Raurich, ist kein Unbekannter. Bei ihm war ich bereits vor 15 Jahren als er noch Küchenchef bei Ferran Adria im El Bulli war. Dort bin ich nicht beglückt, sondern eilig nach Hause gefahren, weil das viele Öl drückte … Trotz des Namens ist Raurich kein Deutscher, sondern in Barcelona geboren.
Unsere Rezeptionistin gab uns einen guten Tipp. Wem man um 17.30 Uhr kommt, kann man a la Carte auf 7 Stühlen am vorderen Tresen speisen. Um die Zeit käme kein Spanier. Das klappte gut. Bis 20 Uhr waren alle Stühle voll. Am Tresen bediente eine charmante Japanerin. Es war irre laut und quirlig in dem Sternerestaurant. Auch der hintere Teil, in dem das Tasting Menü serviert wird, war bereits voll mit Ausländern. Die zu laute Musik deckte die Bandbreite Techno bis 70er Jahre ab.
Wir bestellten, was sich gut anhörte. Eine Reihenfolge kam dann vom Restaurant.
Wir starteten mit Toro Nigiri. Der Reis, vielleicht eine zu starke Essignote – aber das ist Kritik auf hohem Niveau – war leider zerkocht. Der Otoro wurde xy Stunden in Soja eingelegt und hatte seinen sortentypischen Geschmack verloren. Mein Gesicht wurde lang. Kann Julien Walther das wirklich gemocht haben? Meine Frau, die bessere Geschmacksnerven hat, mochte das Eingelegte, während ich den zarten Schmelz des Otoro misste. (je 5 € pro Stück)
Als nächstes kamen Austern. Wir hatten zwar eine in Sake eingelegte Auster und eine luftgetrocknete bestellt, es kamen aber zwei in Sake. Nun ja. Auch hier war das hochwertige Produkt kaum zu schmecken, der Sake übertönte alles. Auch meine Frau mochte diese Mischung nicht. Gerne beides separat. (je 6,90 €)
Die getrocknete Auster war ein aromatisch, durchaus nach Austern schmeckender Kaugummi. Kann man mal essen. Braucht man aber nicht wieder. (6,90 €)
Jetzt kam das Otoro Tataki. Auch diese leicht angeflämmten Scheibchen besten Thunfischs wurden tagelang in Soja eingelegt und haben so den typischen Otoro Geschmack abgelegt. Schade! (13,90 €)
Baby-Calmar Tempura war ganz okay, sehr weich und der Yuzu passte prima dazu. Ein einfaches Gericht, das tadellos rüberkam. (8 €)
Anschliessend kam frittiertes Seehecht Kinn mit Katsuoboshi. Das erste Stück war Wasabi scharf, danach war ungewürzt und das Kinn schmeckte fast Gelee-artig. Auch hier reicht meine kulinarisch Intelligenz nicht, begeistert zu sein. (11 €)
Die etwas knorpeligen, sehr fetten Kanton-Rippchen sollte man in ein Mini-Bao packen. Dazu gab es ein paar Zwiebelstücken. Ein Brötchen konnten wir belegen, die restlichen Rippchen konnte man gut so essen. Aber keiner riss sich darum. Nicht wie bei Tony Roma, wenn es Baby back Ribs gibt. Schade. (13,50 €)
Als nächstes kamen die „Mentai Spaghettis“. Das waren etwas weiche Spaghettis mit Fischrogen. Das war ganz gut gelungen. (7,80 €)
Da wir noch Hunger hatten, bestellten wir uns je einen Japo Burger. Hier war die Salatgurke eingelegt und strahlte geschmacklich auf das perfekt gebratene Fleisch aus, so dass man auch hier wenig typischen Eigengeschmack hatten.
Irritiert waren wir, was ein blaues Stück – war es Eierschale ?- im Burger zu suchen hatte. Je 6,50 €.
Wir hatten recht guten Champagner (10 €/Glas). Ursprünglich wollte wir Cava (5,20 €), aber der Champagner war doch besser. Wir waren knapp 2 Stunden im Restaurant. Die Rechnung kam fehlerhaft. Das Wasser fehlte, der nicht getrunkene Cava wurde berechnet. Auf Nachfrage wurde der Cava rausgenommen, das Wasser aber weiterhin nicht berechnet. Mit Tipp zahlten wir 150 €. Wir wollen nicht zurückkommen. Das Restaurant überzeugte uns nicht. Das Überdecken der hochwertigen Grundprodukte durch einlegen oder marinieren finden wir oft kontraproduktiv. Am Ende schmeckt man gar nichts mehr. Freunde von „Döner mit Alles“ wird es gefallen.
Nachspiel: Vier Stunden nachdem wir das Restaurant verliessen, musste sich meine Frau mehrmals übergeben. Auch mein Magen grummelte. Wir vermuten, dass die Austern vielleicht nicht mehr ganz so frisch waren. Schmecken kann man das leider nicht, wenn die in Sake liegen. Vielleicht ist aber das Dos Palillos unschuldig und wir haben in der Lounge des Casa Camper etwas falsches gegessen (der Salat im Schinkensandwich sah fies aus) oder bereits im Flieger auf dem Flug nach Barcelona?
Casa Camper Barcelona – Hotelbesprechung
Sternerestaurant Dos Palillos, Barcelona
Zusammenfassung
Sternerestaurant Dos Palillos, Barcelona: Mit Tipp zahlten wir 150 €. Wir wollen nicht zurückkommen. Das Restaurant überzeugte uns nicht. Das Überdecken der hochwertigen Grundprodukte durch Einlegen finden wir oft kontraproduktiv. Am Ende schmeckt man gar nichts mehr. Freunde von „Döner mit Alles“ wird es gefallen.