Christian Jürgens

Es gibt regionale Spezialitäten mit jahrhundertealter Geschichte und Tradition. Sie werden nach den gleichen Rezepten und handwerklichen Verfahren hergestellt wie anno dazumal, und ihr Geschmack ist seit jeher einzigartig. Dass solche Schmankerln deswegen aber nicht automatisch altbacken und antiquiert sind, beweist ein Besuch bei Christian Jürgens am Tegernsee.

In der Küche des bayerischen Drei-Sterne-Kochs zählt in erster Linie die Qualität der Produkte; diesem hohen Anspruch werden die kulinarischen Originale aus Bayern voll und ganz gerecht. Und so kommt es, dass Christian Jürgens gerne aus dem Füllhorn an regionalen Schmankerln schöpft, das ihm seine Wahlheimat Bayern bietet. Diese interpretiert er in seiner Sterneküche neu und präsentiert sie seinen Gästen innovativ und topmodern.

WeltGenussErbe Bayern durfte Christian Jürgens einen Tag lang bei seiner Arbeit in der Sterneküche über die Schulter und in die Töpfe schauen. Welchen Stellenwert nimmt Regionalität in seiner Küche ein? Was bedeuten Tradition und Handwerk für Bayerns Drei-Sterne-Koch? Und schließlich: Wie interpretiert die moderne Drei-Sterne-Küche die traditionsreichen bayerischen Schmankerln des WeltGenussErbes? Den Film „Original trifft Originell – WeltGenussErbe Bayern zu Besuch bei Drei-Sterne-Koch Christian Jürgens“ sehen Sie unter https://www.weltgenusserbe.eu/christian-juergens.html . Hier finden Sie auch die exklusiven Rezepte von Christian Jürgens zum Nachkochen und Genießen. Das Interview zum Film lesen Sie nachfolgend.

INTERVIEW
WeltGenussErbe Bayern sprach mit Christian Jürgens über Konsequenzen des kulinarischen Sternenzaubers, über den Zusammenhang von Kreativität und Handwerkskunst und wieso Bayern einfach anders schmeckt.

WeltGenussErbe Bayern: Herr Jürgens, Sie wurden 2013 mit dem dritten Michelin-Stern ausgezeichnet. Was bedeutet der Sternenzauber für Sie?
Christian Jürgens: Drei Sterne bedeutet laut Michelin-Führer: eine Reise wert. Und damit ist man unter den weniger als 100 Restaurants weltweit, die damit ausgezeichnet werden. Das ist das Größte, was man als Koch für ein Restaurant erreichen kann. Und gleichzeitig ist das auch die große Herausforderung: jedem Gast an jedem Tag und mit jedem Teller ein kulinarisches Feuerwerk zu bieten. Also an jedem Tag den vierfachen Salto rückwärts mit fünffacher Schraube zu springen. Der erste Teller muss perfekt sein und die nächsten 2.500 auch. Anders geht es nicht.

Wie wichtig ist Kreativität in Ihrem Beruf?
Kreativität ist in meinem Beruf sehr wichtig, aber die Basis aller Kreativität ist das Handwerk. Wenn Sie das Handwerk oder die handwerklichen Fähigkeiten nicht beherrschen, dann nutzt es Ihnen nichts, mit überbordender Kreativität Luftschlösser zu bauen, die Sie nie auf den Teller bringen. Deshalb müssen Sie zuerst das Handwerk beherrschen und dann aus dem Handwerk heraus die Kreativität entwickeln. Ich habe mich dafür entschieden, dass meine Küche auf solidem, traditionellem Handwerk aufgebaut ist.

Sie sind seit 1988 hier in Bayern, seit 2008 am Tegernsee. Schmeckt Bayern besser als andere Bundesländer?
Ich freue mich jeden Tag daran, in einem so schönen Bundesland leben zu dürfen, in dem es so einzigartige und seltene Spezialitäten gibt. Aber ich weiß nicht, ob Bayern deshalb besser schmeckt. Das ist mir zu platt. Hier gibt es eine ganz eigene Genuss-Kultur. Und das spiegelt glaube ich schon wider, dass die Menschen hier eine sehr innige Verbindung zu gutem Essen und zu guten Produkten haben. Und es ist ihnen auch eine Menge wert, die Produktqualität zu erhalten.

Hat Bayern Ihren Kochstil beeinflusst?
Als ich hierhergekommen bin, habe ich meine Küche noch einmal grundlegend überarbeitet. Wir kochen vielleicht sogar regional, nur wir definieren Regionalität anders. Wir machen eine weltoffenere Regionalität. Das heißt, zu meiner Küche gehören die allerbesten Produkte aus aller Welt. Aber dennoch müssen Sie bei mir am Tisch sitzen und sagen: Ja, ich bin hier in Oberbayern. Und ich merke, dass ich in dieser Region esse.

Also steht Regionalität über allem?
Ich koche gerne mit regionalen Produkten, aber nicht um jeden Preis. Eine Kuh hat nicht unbedingt die Berechtigung, in meine Küche zu kommen, nur weil sie bei mir zu Hause auf der Weide steht. Wenn aber ein regionales Produkt, wie zum Beispiel das Rindfleisch aus
Bayern, mit internationaler Qualität mithalten kann ─ und das kann es! ─, dann bediene ich mich aus dem reich gefüllten Füllhorn an regionalen Zutaten und Spezialitäten. Es geht um die maximale Qualität.

Weil…?
… weil wir Köche nur die Qualität der verwendeten Produkte auf den Teller bringen können. Wir können Qualität erhalten, sie aber nicht erschaffen. Das Produkt selber muss perfekt sein, nicht gut. Weltklasseniveau, und das an jedem Tag. Und da haben wir in Deutschland, und gerade hier in Bayern, eine große Anzahl an perfekten und außergewöhnlichen Lebensmitteln. Gepaart mit einer sehr hohen Verlässlichkeit und ausgeprägtem Qualitätsstandard.

Wie zeigt sich das?
Nehmen Sie zum Beispiel den bayerischen Spargel. Man kann sich darüber streiten, ob der aus Abensberg oder der aus Schrobenhausen besser ist. Entscheidend ist doch aber, dass die Qualitätslinie bei beiden so hoch liegt, dass da niemand anderes rankommt. Und wir in Bayern sind solche Glückspilze, weil die Lieferwege vom Feld zu uns so kurz sind und wir den Spargel quasi frisch gestochen beziehen können. Ich als Koch freue mich darüber, dass ich mit so einem hervorragenden Grundprodukt arbeiten darf.

Die EU zeichnet Spezialitäten mit Herkunft, Tradition und Geschichte aus. Wie wichtig sind Ihnen diese Aspekte?
Wenn ich Produkte habe, die neben der unglaublichen Qualität auch auf eine Historie verweisen können, dann bin ich begeistert. Spezialitäten wie das bayerische Bier zum Beispiel, die sagen: Hör mal, wir sind nicht erst seit heute oder gestern so gut, sondern wir waren auch schon vor 500 Jahren gut. Und unser Bestreben ist es, auch noch in den nächsten 100 Jahren und darüber hinaus den gleichen Geschmack und Qualität zu bieten. Was will man sich da als Partner Besseres wünschen?

Tradition und Innovation in der Küche – wie passt das zusammen?
Also, Innovation muss Tradition nicht unbedingt ausschließen. Ich habe selber erfahren, wie beide Hand in Hand gehen können. Zum Beispiel bei der Herstellung bestimmter Produkte, die noch nach traditioneller Machart, teilweise sogar urigen Umständen, hergestellt werden. Nur mit ihnen als Basis kann ich ein traditionelles Gericht neu interpretieren und aufbereiten.

Ihre persönliche Drei-Sterne-Küchenweisheit?
Nur mit hervorragenden Produkten kann man etwas Außergewöhnliches kreieren

Vielen Dank.
Folgen Sie Christian Jürgens in seine Drei-Sterne-Küche:
„Original trifft Originell – WeltGenussErbe Bayern zu Besuch bei Drei- Sterne-Koch Christian Jürgens“, der Film und die Rezepte unter https://www.weltgenusserbe.eu/christian-juergens.html

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