Restaurants in Niederösterreich

Charakter-Küche
Dass Natur Kultur prägt, gehört zu den ältesten und grundlegendsten Vorstellungen des Abendlandes. Einen lukullischen Beweis für diese These liefert die Esskultur Niederösterreichs. Schon immer haben die Menschen hier mit vorzüglichen Rohstoffen aus der Region gearbeitet und eine Tradition genussreicher Lebensmittel, um nicht zu sagen: Liebensmittel, geschaffen. Das wussten vor Jahrtausenden schon die Römer zu schätzen – und moderne Gourmets tun es noch immer. Um etwa Spezialitäten aus Mohn oder einen pfeffrigen Grünen Veltliner zu genießen, der im kühlen Waldviertel beziehungsweise an den sonnigen Hängen der Wachau bestens gedeiht, kommen Genusssuchende heute sogar aus noch weiter entfernten Regionen in Österreichs größtes Bundesland als die einstigen Herren.
Kein Wunder. Da Frische wesentlich zum Gelingen eines Gerichts beiträgt, hat die kulinarische Landschaft ihren regionalen Charakter bewahrt. Stolz auf ihre Herkunft, sprechen die Einheimischen nie von der österreichischen Küche, sondern immer von Wachauer, Marchfelder, Most- oder Weinviertler Spezialitäten. Und die genießt man eben auch am schönsten im stimmigen Rahmen: vor Ort. Sprich in einer Landschaft, die noch immer von der Landwirtschaft geprägt ist. Ein Beispiel dafür ist etwa Klosterneuburg, wo die Weinberge bis in die Stadt reichen. Ein anderes das Marchfeld, die Gemüsekammer Österreichs. Die steilen Wachauer Hänge waren und sind mit Reben bepflanzt. Und nicht nur im Mostviertel reiht sich Obstbaum an Obstbaum. Die Hochebenen im Waldviertel sind dagegen gutes Ackerland für Feldfrüchte. Und auf den Weiden grasen Schafe, Ziegen, Rinder.
Regional gekocht, international bekannt
Viele Restaurants in Österreichs größtem Bundesland bestechen inzwischen zudem durch eine Güte, die laut Michelin-Guide nicht nur einen Abstecher, sondern gleich eine Reise wert ist. Der Dank gebührt dem Ehrgeiz der Köchinnen und Köche, die durch kreative Modernisierungen, Verbindungen und Verfeinerungen den Wohlgeschmack noch erhöhen und für Abwechslung auf den Tellern sorgen. Denn – so schreibt Carlo Petrini in seinem Buch „Slow Food – Genießen mit Verstand“ – „selbst der himmlischsten Speise wird man überdrüssig, wenn man sie ständig genießen muss.“ Wem die (g)astronomische Aufgabe, die Palette der Genüsse zu erweitern und die traditionellen Speisen nach heutigem Wunsche leichter und feinaromatischer zu gestalten, besonders gut gelungen ist? Auf jeden Fall den folgenden niederösterreichischen (Sterne-)Küchenkünstlern.

Landhaus Bacher
Die Doyenne der österreichischen Küche und ihr Nachfolger Thomas Dorfer:
Zwei Sterne im Michelin Guide 2009, 18 Punkte im Gault Millau, Platz 91 auf der „San Pellegrino Liste 2012“ der „World’s best Restaurants“ … Die Liste der Auszeichnungen, die das Landhaus Bacher errungen hat, ist fast länger als die Speisekarte. Unter den Gourmets und Kritikern herrscht weitgehend Einigkeit: Nirgendwo sonst harmonieren „Kuchl“ und „Cuisine“ so perfekt. Und das seit fast 35 Jahren! Beindruckend ist das für einen Familienbetrieb im besten Sinne. Denn in Mautern, am Tor zur Genussregion Wachau, stehen Lisl Wagner-Bacher – die den Gasthof von ihren Eltern 1979 übernahm, schon drei Jahre später ihre erste Haube erhielt und 2003 vielgesehene TV-Köchin wurde ¬– und ihr Schwiegersohn Thomas Dorfer gemeinsam am Herd. Dorfer, seines Zeichens „Gault-Millau-Koch des Jahres 2009“, geht als Küchenchef den von Lisl Wagner-Bacher einst eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Er gestaltet die traditionellen Gerichte aber immer zeitgemäß mit frischen, innovativen Impulsen. So gibt es zum mit Walnussblättern geräucherten Alpsaibling etwa Chia-Samen, eingekochte gelbe Feigen und fermentierter Rübensaft. Und zum Hollerröster – einer Art Kompott aus Hollunderbeeren – reicht er Sauerkleeis, Metsirup und ungerührten Sauerrahm. Dazu empfehlen Patron Klaus Wagner-Bacher und Sommelier Andreas Rottensteiner gerne edle Tropfen aus dem mit großer, persönlicher Leidenschaft zusammengestellten Weinkeller. Besonders Weine aus der Wachau und dem Bordeaux sind mit schier unglaublicher Jahrgangstiefe vertreten.
Südtirolerplatz 2, 3512 Mautern, Tel.: 0043/2732/829, info@landhaus-bacher.at

Toni Mörwald im Restaurant „Toni M.“ in Feuersbrunn am Wagram.
Toni Mörwald ist ein – im Wortsinn ausgezeichneter – Hans Dampf an vielen Herden. So hat er in seiner Karriere nicht nur zahlreiche Hauben, Sterne und Punkte erkocht, einen Catering-Service für Events vom privaten Picknick bis zur Megaparty aufgebaut und Kochkurse installiert. Nein, er hat auch mehr als einen Gourmettempel eröffnet. Darunter befindet sich auch ein Restaurant in Schloss Grafenegg. Es ist Anlaufpunkt für Wein- und Gourmetfans, aber auch für Musikliebhaber, finden im weitläufigen Park doch großartige solistische wie orchestrale Darbietungen von internationalem Renommee statt. Entgegen dieser Umtriebigkeit im Business ist Toni Mörwald privat sehr heimatverbunden. Nie hat er den Boden seiner Heimat verlassen. Und das zeigt sich auch in seinen Restaurants: Statt auf Molekularküche setzt er auf österreichische Spitzenprodukte und regionale Spezialitäten. Man erkennt, wo man ist und isst. Besonders lohnend ist ein Besuch des Ortes, an dem alles begann: im elterlichen Betrieb und Stammhaus in Feuersbrunn am Wagram nämlich. Denn das Wirtshaus & Restaurant zur Traube ist ein uriges Landgasthaus, indem die alten Werte hochgehalten und Klassiker der (nieder-)österreichischen Küche angeboten werden. So, wie man sie kennt und liebt, aber in zeitgemäßer Zubereitung. Ein Beispiel dafür wäre etwa das Geschmorte Rind-Schulterscherzel BBQ mit Krautroulade und Rotem Paprika.

Gastwirtschaft Der Floh
„Der Floh“ – das klingt nach einem sehr kleinen Hüpfer. Dabei macht Josef Floh bereits seit beinahe 20 Jahren kulinarisch große Sprünge in seiner gemütlichen Gastwirtschaft Floh www.derfloh.at in Langenlebarn. Denn der 42-Jährige hat bei den ganz Großen der Branche gelernt, bei Heinz Winkler in Aschau etwa. Weshalb man im Tullnerfeld nordöstlich von Wien neben Traditionsreichem wie geschmortem Rind mit Apfelkren auch Innovativ-Kreatives auf der Karte findet. Zum Beispiel eine Creme von der White-Satin-Karotte und Purple-Haze-Ragout mit eingelegter U-Murke (= Gurke) und Floh-Samen. Und das blieb von Kritikern freilich nicht unbemerkt. So zeichnete ihn unter anderem der Gault Millau mit 16 Punkten aus und Mitglied der „Jeunes Restaurateur’s Europe“ ist Josef Floh auch. Ein Besonderheit sind aber Gerichte wie etwa der Grün- und Federkohl mit Birne-Goji-Ragout und roh Mariniertem vom ganz wilden Tier. Sie stehen unter des Flohs Motto „Radius 66“ – was bedeutet, dass alle verwendeten Zutaten und die dazu gereichten Weine von Produzenten stammen, die maximal 66 Kilometer entfernt liegen. Denn Regionalität und Nachhaltigkeit sind dem Koch ein großes Anliegen. Und das nicht nur auf dem Teller. So ist die soeben umgebaute Traditionswirtschaft mit dem charmanten Innenhofgarten hinter den Kulissen ein ökologischer Musterbetrieb. Heizung und Warmwasseraufbereitung funktionieren etwa mit einer Wasser/Wasser-Wärmepumpe und Energie wird rückgewonnen.
Tullnerstraße 1, 3425 Langenlebarn, Tel.: 0043/2272/628 09, floh@derfloh.at

Relais & Chateaux Hanner
Wie eng Haus und Küche von Heinz Hanner mit der Region verbunden sind, sieht man schon von außen: Der Wienerwald – den man auch „die grüne Lunge Wiens“ nennt – hat das Gestaltungsprinzip beim Bau und bei der Ausstattung des Relais & Chateaux Hanner vor den Toren der österreichischen Hauptstadt vorgegeben. Vorwiegend wurden natürliche Materialien wie Holz oder Stein verwendet, und auch bei den Farben haben sich Architekten und Designer konsequent am Spektrum der umgebenden Naturlandschaft orientiert. Ein Konzept, das sich auf dem Teller vorsetzt (oder dort begann?): Hanner kocht mit hochwertigen Zutaten von optimaler Frische nach den unauflöslichen Regeln der guten Küche, die ausgerichtet sind auf die Nachhaltigkeit des Wohlgeschmacks, nicht auf den flüchtigen Akzent. Und er kocht nach seiner persönlichen Intuition. Was sich am Teller etwa in Form von sautierter Entenleber mit in Salz gegarten Roten Rüben niederschlägt, wird ideal begleitet durch eine erlesene Kollektion von 1450 Weinen im Keller des Hauses. Die starke Vertretung des Weinlands Thermenregion zeigt dabei, dass sich die besondere Freude an den Produkten der Region selbstverständlich auch auf die edlen Tropfen erstreckt. Drei Hauben gab es dafür unter anderem schon und zwei Sterne. Nicht unerheblich dazu beigetragen hat wohl auch Heinz Hanners Lebensgefährtin Brigitta Lashofer – nicht in der Küche, aber als Restaurantleiterin. Getreu dem Motto „Die Seele isst mit“ sorgt sie für das Wohlbefinden der Gäste. So gut, dass sie vom Gourmetmagazin Falstaff 2009 zur „Gastgeberin des Jahres“ gekürt wurde.
2534 Mayerling 1, Tel.: 0043/2258/23 78, mailto:hanner@hanner.cc
www.hanner.cc

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