Stichprobe zum Einkauf von Lebensmitteln per Internet

Ob in Gläsern oder Dosen: Viele Lebensmittel lassen sich bequem im Internet bestellen. Dutzende Händler sind mittlerweile mit Würstchen und Gurken auf Kundenfang. Doch dabei, so die Verbraucherzentrale NRW, missachten sie oftmals massiv die Gesetze. Vor allem beim wichtigen Grundpreis wird getrickst und geschummelt.

Das Angebot ist erschlagend: Knapp 100.000 Lebensmittel, darunter Würstchen, Obst- und Gemüsekonserven, listet allein die Internetseite von Amazon. Vertrieben werden Dosen und Gläser auch über den firmeneigenen Marketplace und von gut zwei Dutzend Fremdhändlern, die zusätzlich einen eigenen Onlineshop betreiben.

Doch Vorsicht: Viele Händler stehen offensichtlich auf Kriegsfuß mit brutto und netto. Sie beschummeln ihre Kunden bei der Pflicht-Angabe des wichtigen Grundpreises. Sie rufen ihn oftmals drastisch billiger aus, als er tatsächlich ist oder verschweigen ihn sogar ganz. Das belegen Online-Besuche der Verbraucherzentrale NRW bei zehn Lebensmittel-Shops.

Dabei ist die Gesetzeslage klar: Bei den meisten Fertigpackungen sind Händler verpflichtet, in unmittelbarer Nähe des Endpreises und gut lesbar immer auch den Grundpreis zu nennen (das ist der Preis pro Maßeinheit, zum Beispiel Kilogramm oder Liter).

Gerade am Grundpreis sollten sich Kunden orientieren, die Speisekammer und Kühlschrank preiswert auffüllen wollen. Denn eine Flut unterschiedlicher Gebindegrößen der Hersteller macht viele Preisvergleiche sonst zur Dreisatzaufgabe. Nur ein Blick auf die Grundpreise lässt sofort erkennen, dass die 75-Gramm-Tafel Schokolade zu 1,20 Euro relativ teurer kommt (1,60 Euro/100 Gramm) als die 100-Gramm-Tafel zu 1,50 Euro.

Noch diffiziler ist ein Preisvergleich bei Konserven und Gläsern, wo Würstchen, Pfirsich und Gurke oftmals in Flüssigkeiten schwimmen. Hier muss zur Berechnung des Grundpreises immer das „Abtropfgewicht“ herangezogen werden. Was zählt, ist allein das Nettogewicht von Bohnen und Birnen: ohne Lake und Wasser. Die können durchaus mal 30, mal 60 Prozent vom Bruttogewicht ausmachen.

Die Gesetzesvorgabe hindert viele Onlineshops jedoch nicht, ihre Grundpreise kräftig zu verwässern. Sie rechnen dreist einfach mit dem Bruttogewicht – also Bohnen inklusive Flüssigkeit. Die Folge: Kunden, die den Angaben blind vertrauen, wähnen sich im fälschlicherweise Schnäppchen-Paradies.

Beispiel gefällig: Wer das 370-Milliliter-Glas „Bio Sojasprossen“ für 2,19 Euro orderte, dem wurde ein Grundpreis von 5,92 Euro je Liter vorgegaukelt. Korrekt wären 13,70 Euro je Liter, da die Keimlinge auf 160 Milliliter abtropfen.
Nicht zu toppen waren wiederum Anbieter, die geradezu Sensations-Preise in Umlauf brachten: etwa Knax Gewürzgurken („1kg/0,00 Euro“).

Nur zwei Verstöße von Dutzenden, die die Konsumentenschützer dokumentierten. Ob Cocktail Cornichons bei food-shop24.de, Erbsen & Möhren bei natur.com oder Gewürzgurken bei froodies.de: Jedes Portal in der Stichprobe arbeitete – mehr oder weniger – mit falschen oder nicht nachvollziehbaren Grundpreisen. Die Tester stießen dabei auf ganze Produkt-Kategorien („Gemüse“), in denen alle angezeigten Grundpreise mangelhaft waren.

Immer wieder auch kam es vor, dass Konservenofferten ganz ohne Grundpreis ausgezeichnet waren. Tester, die es etwa nach exotischen Palmherzen gelüstete, suchten oftmals vergeblich nach dem Preis-Wegweiser.

Solch miserable Ergebnisse will die Verbraucherzentrale NRW nicht auf sich beruhen lassen. Mehrere Anbieter aus der Stichprobe werden deshalb demnächst eine formelle Abmahnung mit geforderter Unterlassungserklärung erhalten.

Juristisch nicht angreifbar ist allerdings ein weiteres Ärgernis: Viele Web-Shops nutzten eine Grauzone bei der Warenpräsentation. Zwar ist das Abtropfgewicht eine Pflichtangabe im Handel, die auf die Verpackung gedruckt werden muss, im Internet jedoch muss sie nicht bei den Produktinformationen aufgeführt werden.

Was im stationären Supermarkt ausreichen mag, taugt hingegen nicht fürs Onlineshopping. Denn häufig war das Abtropfgewicht weder bei den Produktinformationen angegeben, noch auf den Bildern erkennbar. Ohne diese Information jedoch lässt sich nicht überprüfen, ob der Grundpreis korrekt berechnet wurde: eine Freifahrkarte für Schmu.

Deshalb fordert die Verbraucherzentrale NRW, das Abtropfgewichtstets auch im Internet kenntlich zu machen: per schriftlichem Hinweis oder – besser noch – anhand ausführlicher Abbildung der Verpackung, etwa per 3D-Darstellung. Damit wären Gläser und Dosen im Internet so zu drehen und zu wenden wie im Supermarkt.

Vielleicht wären dann auch Warnhinweise überflüssig, die etwa Amazon derzeit unter Lebensmittel-Angebote pappt: „Wir empfehlen Ihnen, sich nicht allein auf die Angaben zu verlassen, die auf unserer Internetseite angezeigt werden“.

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