René Redzepi

Jenseits von Köttbullar und Knäckebrot

René Redzepi, bei diesem Namen ist die Berufswahl sicherlich einfach. Zumindest für Ohren, die gewohnt sind, Deutsch zu hören. Denn bei diesem Namen kann man doch nur Rezeptsammler werden, oder den Beruf des Kochs anstreben. Genau dies hat der Chef des Kopenhagener Restaurants NOMA auch getan. Mit Erfolg. Betrachtet man die Bewertungen in unterschiedlichen Restaurantführern, dann rangiert das äußerlich unauffällige Restaurant zwischen Platz 1 und 3 der besten Restaurants. Weltweit.

Allein die Bewertung lässt die Frage aufkommen: was macht dieser Mann so anders, was macht seine Küche so außergewöhnlich? Redzepi hat sich ganz der skandinavischen Küche verschrieben. Hier liegt einer der Schlüssel zu seinem Erfolg. Denn mit dieser Entscheidung betritt er kulinarisches Neuland. Nicht nur, dass man bei uns – im Nachbarland Dänemarks – so gut wie keinen Begriff von der skandinavischen Küche hat, man ist insgesamt doch sehr von einer großen Möbelhauskette geprägt, wenn man an skandinavische Spezialitäten denkt. Doch jenseits von Köttbullar und Knäckebrot gibt es ein wahres Speisenuniversum zu entdecken – oder zu kreieren.

Das ist das Innovative an Redzepis eingeschlagenem Weg. Gänzlich unaufgeregt verwendet er die frischesten Dinge, die er bekommen kann. Also Kräuter aus dem Garten und regionale Produkte und Redzepi entglobalisiert auf diese Weise gutes Essen.

Was nutzt es, wenn man rund um den Globus in gehobenen Restaurants stets dieselben Produkte vorgesetzt bekommt? Warum soll man in Paris Koberind aus Japan essen und weshalb überall tropische Früchte? Redzepis Idee ist so schlicht wie revolutionär: die Skandinavische Küche war bisher unbekannt, nicht weil es an guten Zutaten mangelt, sondern da die Skandinavier selbst sich eher an den südlichen Küchen, besonders der französischen und italienischen orientiert haben.

Dabei spricht nichts dagegen frische Salate aus der Fjordlandschaft, skandinavische Kräuter, Wurzeln und Beeren einzusetzen, von Rentier oder frischem skandinavischen Fisch ganz zu schweigen. Es scheint kein Zufall, dass der Vater der Dogma-Filme Lars von Trier ebenfalls aus Kopenhagen stammt. Denn wie der international anerkannte Regisseur, entwickelt Redzepi ein enges Korsett an Vorschriften für seine Küche. Im NOMA werden frische Produkte der Region verwendet. Nur in Ausnahmefällen gibt es Zutaten aus einem anderen Teil der Erde – womit eine Menge an gedanklicher Arbeit bei der Planung von Menüs nötig wird. Denn wie kann man kochen, ohne auf das traditionelle Arsenal der Zutaten zurückzugreifen?

Redzepi hat sich eine neue Freiheit erschaffen. Dabei war für ihn die Arbeit mit dem spanischen Starkoch Ferran Adria entscheidend. Adria, der in seinem Restaurant elBulli die molekulare Küche entwickelte und mit ihr das traditionelle Verständnis von Textur und Geschmack einer Speise über den Haufen warf, zeigte dem jungen Koch, dass man sich von bestimmten Vorstellung zunächst befreien muss, um etwas Neues auf die Beine stellen zu können.

Es ist also kein Zufall, wenn Redzepi nun seinerseits komplett auf die Showeffekte der molekularen Küche verzichtet und stattdessen der Komposition auf dem Teller den Vorrang lässt. Er geht gewissermaßen mit dem Wissen der molekularen Küche noch einen Schritt hinter die bis dahin traditionell genannte Küche zurück: Dass er dabei auch Wurzeln auf den Teller bringt ist Programm, denn er möchte die Dinge wieder in ihrem ursprünglichen Profil darstellen und seinen Gästen eine Vorstellung vom Eigengeschmack perfekt zubereiteter Speisen vermitteln.

Eine Neuerung des NOMA sollten alle Gastrokritiker in ihren eigenen Kriterienkatalog übernehmen. Wenn man sich schon einen Sommelier leistet, der die Gäste über die Weine informiert, dann sollte dieser Mensch doch auch über passende Alternativen zum Wein reden können. Im NOMA gibt es statt der üblichen Weinbegleitung zu einem Menü alternativ eine Saft-Begleitung. Jeder Gang wird durch eine passende Komposition von Obst- und Kräutersäften begleitet. Der Rausch beim Essen entsteht so durch puren Genuss, ganz ohne Alkohol. Eine bemerkenswerte Alternative, nicht nur für den Mittagstisch oder die Sommermonate. Dr. Nikolai Wojtko, www.gastrosophie.eu

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