„Konsument“-Lebensmittel-Check:
Fruchtbrei statt Marille
Mit geschickter Produktaufmachung und verlockenden Werbeaussagen werden
Konsumenten bei Lebensmitteln immer wieder hinters Licht geführt. Jüngste
Beispiele: Frischkäse mit Lachs, in dem sich neben Aromen der Lachs nur in
homöopathischen Dosen wiederfindet, eine „Fruchtschnitte Beere“ ohne ganze
Beeren oder ein Fruchtjoghurt – und somit ein auch bei Kindern beliebtes Produkt –,
das schmeckbar, aber auf der Verpackung kaum ersichtlich, ausgerechnet mit Alkohol
für die „Geschmacksabrundung“ sorgt.
Auch anhand des aktuellen Tests zu elf tiefgekühlten Marillen- und neun Germknödel-
Produkten zeigt sich wieder, welche unterschiedlichen Wege Verpackungsaufschrift
und Inhalt gehen können. So heißt es bei vier von elf getesteten Marillenknödel-
Proben nur: Fruchtbrei statt Marille. In einigen Fällen sind zudem Nährwertangaben
unvollständig, da sie ohne Brösel- oder Mohnbestreuung gerechnet werden. „Doch
wer isst schon Marillenknödel ohne Brösel? Wenn schon Nährwertangaben gemacht
werden – und diese sind in jedem Fall wünschenswert –, dann sollen diese auch so
gestaltet sein, dass der Konsument etwas damit anfangen kann“, fordert Ing. Franz
Floss, Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation.
„Immer wieder werden uns Beschwerden von Konsumenten zugetragen, die auf das
Täuschungspotenzial bestimmter Produkte verweisen. Das zeigt, wie groß der Bedarf
an Klärung und Aufklärung ist. Einen Beitrag dazu kann unser neuer Lebensmittel-
Check leisten, mit dem wir auf www.konsument.at wöchentlich anhand konkreter
Produkte aufzeigen, mit welchen Tricks gearbeitet wird. Mittlerweile hat Schneekoppe
die Rezeptur der ,Beeren Fruchtschnitte‘ geändert. Zwar ist diese nach wie vor keine
gesunde Zwischenmahlzeit. Der Inhalt entspricht nun aber etwas mehr der Erwartung,
die die Aufmachung weckt“, so die „Konsument“-Ernährungswissenschafterin Mag.
Birgit Beck.
Schnapsidee
Weniger entgegenkommend gibt sich die niederösterreichische Molkerei (NÖM) beim NÖM
Mix Frucht Cocktail. Unübersehbar prangt als Kaufanreiz der Aufdruck „100 % Natur ohne
künstliche Zusätze“ am Produkt. Der Zusatz von „echtem Jamaikarum“ hat jedoch für so
manchen einen negativen Beigeschmack. „Zwar wird die Verwendung von Alkohol im
Kleingedruckten der Zutatenliste und etwas größer auf der Deckellasche kenntlich gemacht.
Doch diese ist häufig verknittert und damit nur schwer lesbar. Auch wenn der Alkoholgehalt
sehr gering ist, kann bei Kindern durch Geruch und Geschmack eine Gewöhnung erfolgen.
Alkohol hat daher nichts in einem Fruchtjoghurt zu suchen“, kritisiert Beck. „Fruchtjoghurt
zählt zu jenen Produkten, in denen man keinen Alkohol vermuten würde und wenn dieser
schon unbedingt nötig ist, dann fordern wir eine auffällige Kennzeichnung, damit Kunden
wissen, was sie kaufen.“
Fruchtbrei statt Marille
Unerwartete Überraschungen gab es auch bei den Marillenknödeln: Statt einer ganzen
Frucht kam den Testern bei Fabulo, Gourmet Gold, Hänsel & Gretel und bei einem der
beiden Produkte von Iglo lediglich eine zerkleinerte, matschige Fruchtmasse entgegen.
Ebenfalls nicht gut angekommen ist die Fülle der Biomarke Natur Pur von Spar: „zu sauer,
schmeckt nach Fisch, verdorben“, so das Resultat einiger Verkoster. Enttäuschung gab es
auch bei den „Wachauer Marillenknödeln“ von Meisterfrost, die sich durch säuerliche Fülle
und einen undefinierbaren Beigeschmack auszeichneten. Trotz dieser Ausreißer konnten die
getesteten Marillen- und Germknödel im Großen und Ganzen punkten – wenn auch ohne
Vergleich zum Selbstgemachten. Die günstigsten guten Marillenknödel gibt es von Gourmet
Gold um 0,38 Euro/100g – so man Fruchtbrei statt ganzer Marillen mag.
Testsieger ist
Quality first um 0,72 Euro/100g. Bei den Germknödeln überzeugt Testsieger Spar Feine
Küche gleichsam in puncto Preis und Qualität (0,31 Euro/100g). Qualitativ gleichauf liegt
Toni Kaiser um 0,53 Euro/100g.
Fehlerhafte Kennzeichnung
In ganz anderer Hinsicht füllig wird es beim Kaloriengehalt: So kommt ein Germknödel mit
Butter schon mal auf stolze 580 Kalorien, vier Mal so viel wie ein Marillenknödel mit
durchschnittlich 150 Kalorien. In der Kennzeichnung wird das aber nicht immer so
offensichtlich: Bei vier Produkten wurde etwa das Brösel-/Mohngemisch nicht mitgerechnet,
bei weiteren acht Produkten fehlte der Hinweis, ob sich die Nährwertangaben nur auf die
Knödel oder auch auf den Beipack beziehen. „Wenn schon Nährwertangaben gemacht
werden, dann sollen diese auch vollständig sein – inklusive Brösel und Mohn sowie der dazu
benötigten Butter“, so Franz Floss.
Weitere Kennzeichnungsfehler: Teils stimmte die Kilojoule-Zahl mit der nachgerechneten
überein, nicht aber die Kilokalorien-Zahl – und umgekehrt. So werden bei Toni Kaiser aus
rund 200 Kalorien schon mal reale 240 – ungerechnet Mohn und Butter. Dazu kommt, dass
manche Hersteller zwar einen Ballaststoffgehalt anführen, diesen bei den Kalorien aber nicht
berücksichtigen – so geschehen bei Iglo, Spar Feine Küche, Natur Pur und Ja! Natürlich.
Eine weitere Notwendigkeit ortet Birgit Beck bei der Kennzeichnung der Herkunft der
Zutaten: „Wenn ich tiefgekühlte Marillen- oder Germknödel kaufe, weiß ich in der Regel
nicht, woher der Powidl, die Marille oder das Mehl stammen.
Herkunftsangaben sind nicht
vorgeschrieben, sollten aber zumindest für die Hauptzutat Pflicht sein.“
Ungenaue Herstellerangaben
Sowohl beim Prozentanteil der Fülle als auch beim Gewicht der Knödel und der
beigepackten Brösel-/Mohn-Mischungen kamen die Tester auf andere Zahlen als die
Hersteller. Neun der insgesamt 20 Produkte wichen davon ab – am größten waren die
Unterschiede bei Hänsel & Gretel Bio-Marillenfruchtknödel sowie bei den Iglo Riesen-
Germknödeln. „Wer aus gesundheitlichen Gründen jedes Gramm auf seinem Speiseplan
berechnen muss, braucht exakte Angaben. Deshalb sollte man sich auf die
Herstellerangaben verlassen können“, betont Franz Floss. Bei den Marillen- bzw.
Germknödeln von Ackerl, Gourmet Gold, Quality First, Spar Feine Küche, Süsser Teller und
Toni Kaiser ist das auch der Fall.