Der Jakobsmuschelweg
Vielleicht musste mal jemand kommen, der nicht schreiben kann, aber einen Bestseller landete, um den Jakobsweg in Deutschland populär zu machen. Nachdem Hape Kerkeling das Wandern auf Pilgers Pfaden, mehr aber noch das Lesen über die Erlebnisse rund ums Laufen vor einiger Zeit populär werden ließ, ist es nun Zeit ein Buch zu würdigen, das den Jakobsweg in ein gänzlich anderes Licht rückt.
Denn schließlich bedeutet Pilgern nicht einfach nur zu wandern und sich von den Strapazen auszuruhen. Es bedeutet vor allem, sich endlich einmal wieder auf Kleinigkeiten konzentrieren zu können und die Verlangsamung der Zeit mit allen Sinnen aufzunehmen. Beim Wandern kommt es nicht darauf an, eine bestimmte Strecke abzureißen, oder über Blasen zu jammern, als viel mehr den inneren Kompass für sich und seine Umgebung neu zu justieren.Vor allem aber kommt es darauf an, die einfachen Dinge nicht nur zu beachten, sondern sie auch zu würdigen. Es ist eine äußerst verdienstvolle Aufgabe, wenn ein Mensch, der einfach einmal losgelaufen ist, ohne näher bestimmen zu können warum, während der Wanderung die kleinen Kostbarkeiten die er am Wegesrand sammelt ganz zart und allmählich zu einem Buch gedeihen lässt. Schöner ist es noch, wenn man merkt, dass hier jemand etwas mitteilen möchte, ohne selbst geschwätzig zu werden und so ist es kein Wunder, dass dieses Buch mit wenig Text eine Menge von den Eindrücken und den Begegnungen mit anderen Menschen erzählt.
Heiko Vanselow hat mittlerweile den Jakobsweg aus verschiedenen Richtungen beschritten und er wird sich – so viel ist sicher – in den nächsten Jahren erneut aufmachen, um ein paar Monate zu wandern, um Leute zu treffen, um dieses Gefühl von direkter Freundschaft für den Augenblick zu spüren und um sich von den einfachen Gerichten und den einfachen Weinen bezaubern zu lassen. Sind sie es doch, welche die Grundlage für manches schöne Gespräch zwischen vorher Fremden abgeben.
Der Zauber, der durch die von Olaf Plotke stimmungsvoll aufgearbeiteten Geschichten auf den Leser ausgeübt wird, findet seine Entsprechung in den liebvollen einfachen und bodenständigen Rezepten, die eine große Lust auf das Essen in der Fremde zeigen.
Wenn sie also einfach mal ein paar Gerichte Nordspaniens zu Hause testen wollen, dann sind sie bei diesem Buch genauso gut aufgehoben, als wenn sie überlegen, vielleicht selber einmal die Wanderschuhe anzuziehen, um loszugehen und das Abenteuer der langsamen inneren Neujustierung für einige Wochen Alltag werden zu lassen.
Freuen Sie sich drauf: schließlich gibt es im Buch auch eine Vielzahl an Jakobsmuschelrezepten zu entdecken. Und denken sie daran: der Autor ist Franke, er wird sie sicherlich innerhalb kürzester Zeit für ein Glas Wein begeistern.
Buchtipp:
Gebrüder Kornmayer, Heiko Vanselow, Olaf Plotke: Die Pilgerküche auf dem Jakobsweg. Rezepte zum Kochen & Genießen auf dem Camino de Santiago. Dreieich 2008, ISBN 978-3-938173-54-1, 190 Seiten, 14,95 EUR