Alternativen beim Einsatz gentechnisch veränderter Tiere

Alternativen beim Einsatz transgener Tiere

Experten evaluierten den aktuellen Status des Einsatzes gentechnisch veränderter Tiere in der Forschung und diskutierten Alternativmethoden

Seit Jahren steigt die Anzahl der Versuchstiere, die für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden. Dieser Anstieg wird auch auf den vermehrten Einsatz transgener Tiere zurückgeführt. Transgene Tiere sind genetisch veränderte Organismen, bei denen Gene ausgeschaltet oder herunter reguliert wurden oder denen artfremdes genetisches Material in das eigene Erbgut eingebaut wurde. Ende Mai traf sich eine internationale Expertenrunde im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), um Alternativen zum Einsatz transgener Tiere in der Wissenschaft zu diskutieren und Forschungsschwerpunkte zu empfehlen. „Gentechnisch veränderte Tiere haben völlig neue Felder in der Erforschung von Krankheiten und Wirkmechanismen eröffnet“, sagte BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Aber auch hier sollten Tierversuche nur dann angewandt werden, wenn alle tierversuchsfreien Methoden im Vorfeld ausgeschöpft wurden oder eine spezifische Fragestellung allein dadurch beantwortet werden kann.“

Im Jahr 2007 sind in Deutschland etwa 2,7 Millionen Wirbeltiere für Tierversuche und andere wissenschaftliche Zwecke eingesetzt worden. Seit 1998 ist ein Anstieg des Tierverbrauchs zu Forschungszwecken zu verzeichnen, der zu einem großen Teil im vermehrten Einsatz von transgenen Tieren begründet ist. Als Krankheitsmodelle sind sie beispielsweise geeignet, menschliche Erkrankungen wie Diabetes, Krebs oder Alzheimer zu imitieren. Durch derartige Modellorganismen werden die Erforschung der Krankheiten und die Entwicklung von Therapien erleichtert und verbessert, in manchen Fällen sogar überhaupt erst ermöglicht.

Ende Mai 2009 diskutierten Experten aus sieben europäischen Ländern und aus Australien im Rahmen eines internationalen Workshops im BfR über den Einsatz transgener Tiere in der Forschung. Im Zentrum der Diskussionen standen Möglichkeiten und Strategien, um die steigende Anzahl der Versuchstiere zu reduzieren. Leitlinie der Diskussion war das sogenannte 3R-Prinzip, demzufolge Tierversuche möglichst ersetzt (Replace), verringert (Reduce) oder das Leiden der Tiere im Experiment vermindert (Refine) werden sollen.

Die Experten befassten sich mit Methoden, die Versuche mit transgenen Wirbeltieren möglicherweise zukünftig ersetzen können. Dazu zählt beispielsweise der Einsatz alternativer Modellorganismen wie der Fruchtfliege Drosophila melanogaster oder des Fadenwurms Caenorhabditis elegans. Aber auch bestimmte Zellkulturexperimente oder dreidimensionale Gewebekulturen zeigen Möglichkeiten, durch die Versuche mit transgenen Tieren ersetzt oder zumindest die Anzahl der benötigten Versuchstiere verringern werden können. So wurde auf dem Workshop zum Beispiel eine Technik vorgestellt, die es erlaubt, menschliche Antikörper ohne den Einsatz gentechnisch veränderter Tiere herzustellen. Bisher werden hierfür vielfach noch immer gentechnisch veränderte Mäuse verwendet.

Aber auch Maßnahmen wie verbesserte Zucht- und Reproduktionsmethoden oder eine verbesserte Ausbildung der Experimentatoren und Tierpfleger kann die Zahl der Versuchstiere verringern. Gut ausgebildetes Personal trägt dazu bei, Schmerz, Leid und Unbehagen der Tiere zu minimieren und verbessert zugleich die Qualität der gewonnenen Daten aus Tierversuchen. In der Folge wird die notwendige Anzahl der Tiere je Untersuchungsgruppe verringert, und weniger Wiederholungen der Versuche sind notwendig.

Durch die verbesserte Dokumentation bereits durchgeführter Versuche mit transgenen Tieren und die kostenlose Bereitstellung der Daten und Ergebnisse zu Forschungszwecken in einer zentralen Datenbank könnte nach Ansicht der Fachleute die Zahl der Versuchstiere reduziert werden. Eine weitere Möglichkeit der Reduktion ist das Bereitstellen von Informationen über vorhandene in vitro-Modelle mit den jeweiligen Anwendungsmöglichkeiten.

Das größte Potenzial, um die Versuchstierzahlen in naher Zukunft zu senken, sahen die Experten nicht im vollständigen Ersatz der transgenen Tiermodelle, sondern in den Möglichkeiten, einzelne Fragestellungen verstärkt in in-vitro-Modellen, also in Zell- und Gewebekulturen, zu untersuchen. Der Einsatz dieser Modelle würde auch bei bisher nicht ersetzbaren Tierversuchen die Anzahl der Versuchstiere verringern und deren Leiden vermindern (Reduction und Refinement). Beides heißt: Die Zahl der benötigten Tiere sinkt auch dort, wo auf Tierversuche aus wissenschaftlichen Gründen nicht verzichtet werden kann.

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