Pharmaunternehmen erfinden Krankheiten

Disease-Mongering bringt den Unternehmen viel Geld

Wissenschaftler der Newcastle
University in Australien www.newcastle.edu.au haben in der
jüngsten Ausgabe des Public Library of Science Medicine
http://medicine.plosjournals.org vor den Praktiken der Pharmaunternehmen
gewarnt, wonach Krankheiten erfunden werden, um mehr Produkte zu
verkaufen. Konkret kritisieren die Experten etwa den Umgang der
Pharmahersteller mit der Menopause als gefährlich. Sie warnen davor,
dass gesunde Menschen durch Medikamente in ihrer Gesundheit geschädigt
werden, in dem Zustände als Krankheiten beschrieben werden, die gar
keine sind. Dieser Umstand wird als Disease mongering
http://www.diseasemongering.org bezeichnet. Die Pharmaindustrie hingegen
winkt ab und bestreitet diese Tatsachen.

Ein typisches Beispiel sei etwa die Behauptung der Pharmahersteller in
den USA, wonach 43 Prozent aller Frauen an sexueller Dysfunktion leiden,
berichten David Henry http://www.mediadoctor.org.au und Ray Moynihan.
„Disease mongering macht aus gesunden Menschen Patienten, verschwendet
Ressourcen und führt zu iatrogenen Schäden“, schreiben die Forscher in
der Einleitung des Artikels. Zu den Erkrankungen, die keine sind, zählen
etwa hohe Cholesterin-Spiegel und Osteoporose, aber auch seltene
Erkrankungen wie das Restless-Leg-Syndrom und leichte Irritationen im
Darm. „Disease-mongering ist das Verkaufen eines Leidens, das die
Grenzen des Krankseins ausdehnt und Märkte für diejenigen schafft, die
Medikamente herstellen, vertreiben und verkaufen“, so die beiden
Experten. „Das Schlimme daran ist, dass diese Leiden von den Herstellern
in bezahlten Kampagnen so veranschaulicht werden, um Präparate dagegen
zu verkaufen.“ Dabei stehe nicht eine Heilung im Vordergrund, sondern
der Absatz eines Produkts.

Die Forscher richten ihren Appell auch an Mediziner, Patienten und
unterstützenden Gruppen sich den Marketingstrategien der Pharmakonzerne
bewusst zu werden. „Das Motiv von Gesundheitsprofessionisten wäre es
eigentlich für das Wohl der Patienten zu sorgen und nicht für die
eigenen finanziellen Vorteile“, so die beiden Forscher. Eine Entzerrung
der verschiedenen Motive der teilnehmenden Akteure sollte ein Schritt zu
einem besseren Verständnis des Phänomens sein, zeigen sich die Forscher
überzeugt.

Richard Ley von der Association of the British Pharmaceutical Industry
meint, dass solche Forschungsergebnisse in erster Linie auf den US-Markt
abzielen. „Dort hat die Pharmaindustrie bei der Bewerbung und beim
Vertrieb einen wesentlich größeren Handlungsspielraum“, so der Experte.
„Für Österreich ist das völlig unvorstellbar“, meint Christiane Körner,
Vizepräsidentin der Österreichischen Apothekerkammer
www.apotheker.or.at , im Interview. „Da die meisten
Präparate nur auf Verschreibung durch den Arzt ausgehändigt werden
dürfen, sind solche Fälle ausgeschlossen.“ Eine Produktbewerbung von
verschreibungspflichtigen Präparaten sei darüber hinaus gesetzlich
verboten. Die Apothekerkammer wehre sich gegen andere Vertriebswege als
jene der Apotheken. „Selbst einfache Schmerzmittel können unter
Umständen schwere Nebenwirkungen haben, daher ist eine andere
Vertriebsschiene völlig unsinnig“, so Körner. Die Ausbildung zum
Apotheker dauere länger als jene eines Mediziners. Daher sei das Wissen
um Inhaltsstoffe und die Aufklärung über Nebenwirkungen extrem wichtig,
so die Expertin abschließend. Wolfgang Weitlaner

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