Geht es Ihnen auch so wie mir? Kaum hat man die Programmtaste der
Fernbedienung gedrückt, sieht man schon wieder einen bekannten
Küchenchef beim Vorführen eines seiner neuesten Rezepte.
Waren es vor einigen Jahren noch Talkshows oder Ärzteserien, die einen
manchmal schon etwas den Nerv raubten, so ist es jetzt das Kochen im TV.
Dabei bin ich selbst gelernter Koch. Keine Frage, ich übe meinen Beruf
auch nach über dreißig Jahren noch immer mit Leidenschaft aus, aber so
langsam kann ich einen guten Freund, einen Kripobeamten, verstehen, der
sich immer wunderte über dieses immense Interesse der Fernsehzuschauer
an der Verbrechensaufklärung via TV.
Da werden in Windeseile Schälchen um Schälchen in die Pfanne gekippt,
die Herstellung der vorbereiteten Zutaten und die verwendeten
Fachbegriffe werden, wenn überhaupt, nur kurz erklärt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein durchschnittlich begabter
Hobbykoch allzu viel mit diesen Rezepten anfangen kann.
Manchmal scheint es mir, diese Häufung der Kochsendungen besonders im
Rahmen von Nachmittagsmagazinen der dritten Programme dient eher der
besseren kulinarischen Versorgung von Fernsehredakteuren und
Moderatoren, die der hauseigenen Kantine langsam überdrüssig sind.
Und all die Mälzers, Lafers und Bioleks haben, fürchte ich, wohl mehr
die Auflagezahlen ihrer Kochbücher im Auge als die tatsächliche
Verbesserung des kulinarischen Allgemeinwissens.
Einerseits freut es mich als Koch und Feinschmecker natürlich, wenn
durch diese Sendungen die Lust am guten Essen geweckt wird, aber
andererseits würde ich mir manchmal wünschen, und gute Freunde stimmen
mir da zu, dass statt allzu vieler kurzer Sendungen mal lieber einige
wenige, dafür ausführlicher präsentierte Kochshows gezeigt würden. Und
zwar nicht im Sinne der „Born to cook Show“ mit ihren lustigen Spielchen.
In der heutigen Zeit mit ihrer unseligen „Geiz ist geil“ Mentalität wäre
es viel schöner, wenn die Zuschauer einmal die Herstellung
traditioneller Gerichte gezeigt bekämen, in Verbindung mit fachlichen
Tipps für den richtigen Einkauf der dazu nötigen Grundprodukte.
Selbst begeisterte Hobbyköche, die komplizierteste asiatische
Schickimicki-Rezepte aus dem zu Weihnachten erhaltenen Kochbuch
nachkochen, haben ja kaum noch Ahnung, wie man simple Frikadellen oder
Rinderrouladen ohne Hilfe diverser „Fix für…“ Produkte fachgerecht
herstellt. Aber genau dies wäre nötig, um den normalen Konsumenten
endlich wieder von der immensen Wichtigkeit des Einkaufs bester
Grundprodukte zu überzeugen.
Wir alle, egal ob wir zu Hause oder im Restaurant, Kantine etc. essen
oder ob wir dort als Köche tätig sind, leiden ja seit langem unter der
ständigen Verschlechterung der Qualität von Fleisch, Obst und Gemüse.
Und deshalb wünsche ich mir einen Fernsehkoch, der einmal ohne die
gnadenlose Hetze der Sendezeitbeschränkung zuerst auf den Wochenmarkt
geht, saisongerechte Grundprodukte fachgerecht auswählt und in Ruhe
Tipps für deren Einkauf gibt, bevor er in der Studioküche in Echtzeit
gute Hausmannskost kocht.
Das würde mehr bringen, als die ganzen noch so gut gemeinten
raffinierten Kreationen der Starköche! Hans Pürstner
Die Sendungen der TV-Köche: www.tv-koch.de