Auch in Lissabon bringt der Mai aufregend Neues und beschert der Stadt einen weiteren kulturellen Höhepunkt: Anfang des Monats öffnet das neue Museo Do Oriente seine historischen Türen und schlägt eine völkerverbindende Brücke zwischen Portugal und Asien. In malerischem Ambiente am Hafen gelegen zeugen seltene Exponate von den Verbindungen der Seefahrernation mit dem Fernen Osten und zelebrieren dabei die Kunst und Kultur Asiens.
Das Museum steht unter der Obhut der portugiesischen Orient-Stiftung, die ihre Sammlungen in den restaurierten Gemäuern des Pedro Álvares Cabral Gebäudes von 1939 präsentiert. Das Museumsgebäude ist ein typisches Beispiel für die portugiesische Hafenarchitektur der 40er Jahre. Nahe Belém und dem Fluss Tejo gelegen, schwebt über der Gegend noch ein Hauch des Glanzes vergangener Seefahrer- und Entdeckerzeiten. Das heutige Museumsgebäude wurde über Jahrzehnte hinweg für den Fischhandel genutzt und erhielt im Zuge der Renovierung einige ästhetische Aufwertungen durch den portugiesischen Bildhauer Barata Feyo. Dessen riesige allegorische Reliefs machen das Bauwerk zu einem Juwel des Estado Novo Zeitalters.
Ist die Hülle des Orient Museums ein Zeugnis portugiesischer Kulturgeschichte, so steht in seinem Innern der Ferne Osten im Mittelpunkt. Die Sammlung der Orient-Stiftung basiert auf unterschiedlichen Strömungen asiatischer Kunst, mit einem Schwerpunkt auf chinesischer Kultur. Die Exponate dokumentieren auf unterschiedliche Art und Weise den Kontakt und die gegenseitige Beeinflussung von westlicher und asiatischer Kultur im Rahmen der portugiesischen Präsenz in Fernost.
In der Dauerausstellung, die in zwei größere Teile untergliedert ist, werden vor allem frühe Terrakotta-Skulpturen aus China gezeigt, die noch vor der Ankunft der Portugiesen entstanden. Der zweite Teil der Hauptausstellung widmet sich der chinesischen Porzelankunst und zeigt hauptsächlich Stücke, die zum Export für den portugiesischen Markt vorgesehen waren. Eines der herausragendsten Exponate ist hierbei eine sehr seltene Porzellan-Flasche, die das Wappen des spanischen Königs Philip II zeigt. Diese wurde hergestellt, als Portugal noch unter spanischer Krone stand. Sie dokumentiert die Handelsbeziehungen des Landes zu China während der Ming Dynastie.
Im Jahr 1999 wurde der Orient-Stiftung die bis dahin in Paris beheimatete Kwok On-Sammlung gestiftet. Sie gilt als weltweit einzigartig und umfasst mehr als 9.000 Exponate: darunter chinesische, japanische und indische Artefakte aus dem Theaterbereich, wie Kostüme, Puppen und Masken; Objekte aus dem Umfeld traditioneller Feste wie Devotionalien, Laternen, Drachen und Statuen sowie Populärkunst aus Sri Lanka, Thailand, Kambodscha, Malaysia, Indonesien, Vietnam, Tibet, Burma, Nepal, Pakistan und Korea. Darüber hinaus zeigt das Museum chinesische Gemälde, die unter anderem Szenen aus dem Handel mit Tee, Seide und Porzellan darstellen. Auch dekorative Kunst aus Silber und Elfenbein sowie antike Möbel indo-portugiesischen, japanischen und chinesischen Ursprungs sind zu sehen.
Auf einer Gesamtfläche von etwa 18.000 Quadratmetern über sechs Stockwerke verteilt werden die Dauer- und Sonderausstellungen eindrucksvoll in Szene gesetzt. Das Orient Dokumentations- und Informationszentrum sowie ein Auditorium mit 400 Sitzplätzen fungieren als Bildungseinrichtungen, während Besucher im reizvollen Restaurant oder im Café entspannt verweilen können.
Ein bisher wenig beachtetes Stück portugiesischer Geschichte, im Kulturaustausch mit den Ländern Asiens, wird im neuen Museo Do Oriente lebendig. Mit dem neuen Museum erhält die Kulturmetropole Lissabon einen weiteren einzigartigen Schatz in ihrer facettenreichen Kulturlandschaft.