Wahlfreiheit für Verbraucher
Verbraucher- und Umweltverbände, ökologische Lebensmittelwirtschaft und Handel unterstützen verbesserte Kennzeichnung
Ein breites Bündnis von Verbraucher- und Umweltverbänden, ökologischer Lebensmittelwirtschaft und Einzelhandel unterstützt den am Wochenende bekannt gewordenen Vorschlag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) für eine verbesserte Gentechnik-Kennzeichnung tierischer Lebensmittel. Demnach soll ein Etikett „Ohne Gentechnik“ signalisieren, dass zur Produktion tierischer Lebensmittel gentechnisch unveränderte Pflanzen verfüttert wurden. Damit erhielten Verbraucher endlich eine Wahlfreiheit für oder gegen den Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel. Am 16. Januar befasst sich der Verbraucherausschuss des Bundestages in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema. Der offizielle Entwurf liegt jedoch noch nicht vor.
Die meisten Verbraucher lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Mangels Wissen konsumieren jedoch viele von ihnen gegen ihren Willen tierische Grundnahrungsmittel wie Milch, Eier und Fleisch, bei deren Erzeugung gentechnisch veränderte Futterpflanzen verwendet wurden. Ursache ist die bisher praxisferne nationale Regelung zur Gentechnik-Kennzeichnung, die dazu geführt hat, dass eine Auslobung „ohne Gentechnik“ bei Futter- und Lebensmitteln nahezu unmöglich war. Das jetzt vorgeschlagene Etikett beendet diese Kennzeichnungslücke. Es ermöglicht Herstellern und Handel, die Lebensmittel einfach und überprüfbar zu markieren, wenn gentechnisch unveränderte Futterpflanzen eingesetzt wurden.
Auch Beimengungen von gentechnisch erzeugten Zusatzstoffen, Aromen und Vitaminen in Lebensmitteln sind grundsätzlich verboten, wenn das Kennzeichen „ohne Gentechnik“ verwendet wird. Lediglich bei der Herstellung von Futtermitteln dürfen Zusatzstoffe, Aromen und Vitamine verwendet werden, wenn diese in geschlossenen Anlagen mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurden. Voraussetzung ist, dass die eingesetzten Mikroorganismen vollständig entfernt und in den jeweiligen Zusatzstoffen oder Aromen des Futtermittels nicht mehr enthalten sind.
„Mit der neuen Kennzeichnung haben Verbraucher künftig die Wahl, Erzeugnisse von Tieren zu kaufen, die ohne gentechnisch veränderte Pflanzen gefüttert wurden“, erklärt Gerd Billen, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband. Die Verordnung schaffe einen Anreiz dafür, dass ein Markt für Futtermittel ohne Gentechnik überhaupt entstehen kann. Mit der neuen Kennzeichnung werde die bestehende Lücke der europäischen Regelung geschlossen.
„Damit kann der einzelne Verbraucher beim Einkauf endlich eine politische Entscheidung treffen, die Gentechnik auf dem Acker nicht zu unterstützen“, sagt Thilo Bode von foodwatch. „Die neue Verordnung setzt ihren Schwerpunkt richtig, nämlich bei den Futterpflanzen. Denn diese werden im Freiland angebaut und haben den größten potentiellen negativen Effekt.“ Der Vorschlag sei pragmatisch und sinnvoll.
„Lebensmittel aus ökologischem Landbau werden definitionsgemäß ohne Gentechnik erzeugt. Eine neue Kennzeichnung, die es den konventionellen Bauern ermöglicht, dem Verbraucher mitzuteilen, dass sie auf Gentechnik-Futtermittel verzichten, hilft aber auch dem Ökolandbau. Deshalb unterstützen wir den Regierungsentwurf. Denn Biobauern werden geschützt, wenn ihre konventionellen Nachbarn motiviert werden, ebenfalls ohne Gentechnik zu arbeiten“, sagt Dr. Felix Prinz zu Löwenstein vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft.
Andreas Swoboda von der Einzelhandelskette Tegut erklärt: „Wir sehen die Chancen, mit einer klaren und abgesicherten Aussage die Erwartungen unserer Kunden zu erfüllen. Gleichzeitig fördern wir so die Nachfrage nach Futtermittel ‚ohne Gentechnik‘ und damit auch die traditionell arbeitende Landwirtschaft.“
Die Organisationen sind sich einig, dass die Einführung der neuen Kennzeichnungs-Regelung mit einer breiten Aufklärungskampagne begleitet werden muss. „Die Bevölkerung muss über den Sinn des Kennzeichens genau informiert werden“, fordert Alexander Hissting von Greenpeace. „Und auch Handel und Hersteller müssen jetzt verstärkt angesprochen werden, damit die neuen Kennzeichnungsmöglichkeiten auch tatsächlich genutzt werden und der Verbraucher ein größeres Angebot bei gentechnikfreier Ware erhält.“