VON DER ALMHÜTTE ZUM HAUBEN-RESTAURANT

Die regionale Küche zwischen Brenner und Salurn weiß zu verführen. Ob Almen, Hofschänken oder Restaurants – sie alle bieten kulinarische Genüsse

Wer ein Land kennen lernen will, so sagt ein Sprichwort, sollte seine Küche studieren. Denn sie verrät sofort die wahre Seele eines Volkes. Wenn dies so stimmt, sind die Bewohner der Region zwischen Brenner und Salurn gefährliche Verführer. Ob deftige Brotzeit oder leichtes Antipasto, Bauernschmaus oder Sterne-Menü, Knödel oder Spaghetti – bei dieser Magie der Vielfalt läuft einem das Wasser im Mund zusammen.

Kulinarische Köstlichkeiten auf der Alm

Wer nach dem Wandern oder Sonnenskifahren in die Gostner-Schwaige auf der Seiser Alm einkehrt, ist dem Gourmet-Himmel nah. Was Hüttenwirt Franz Mulser in seiner nur drei Quadratmeter großen Küche auf die Teller zaubert, ist nicht einfach nur gut. Schon die Brotzeit hat es in sich, denn Schinken, Speck und Käse stammen vom elterlichen Bauernhof. Und erst die warmen Gerichte: Bei Kalbswangerl mit Röstkartoffeln oder Graukasknödeln in Pilzesauce hat schon so mancher Feinschmecker das Geschmackserlebnis der besonderen Art für sich entdeckt. Seine kulinarischen Verführungskünste mögen Franz Mulser im Blut liegen, so manche Raffinesse dürfte er sich aber auch bei seinem Lehrer abgeschaut haben: Der ist nämlich kein geringerer als Hans Haas, Chef des Münchner Sterne-Gourmettempels „Tantris“.

Traditionelle Genüsse mit bäuerlichem Charme

Deftig Delikates, Genüsse der handfesten Art, erwartet den Gast in den Buschen- und Hofschänken Südtirols. Hier bringen die Bauern hausgemachte Säfte, schmackhafte Tiroler Gerichte, heimisches Obst und – natürlich – Südtiroler Weine auf den Tisch. Den Unterschied zwischen Buschen- und Hofschank macht der Wein. Beim Buschenschank ist er hausgemacht. Beim Hofschank servieren die Bauersleute ausgewählte Weine aus der Region.

Empfehlenswerte Adressen

Eine der edelsten Hofschänken, der Pretzhof, liegt hoch oben über dem Pfitschertal bei Sterzing. Was Hof und Jahreszeit hergeben, verwandeln die Wirtsleute mit derartiger Kunst in wunderbare Speisen, dass dies dem edlen Gourmetführer Gault Millau 13,5 Punkte und damit eine Haube wert war. Der Niedermoarhof im Vinschgau ist schon alleine wegen seines Ausblicks einen Besuch wert. Von der Sonnenterrasse bietet sich den Gästen ein unvergesslicher Blick ins Ober- und Untervinschgau sowie ins Martelltal. Die Speisekarte liest sich üppig – für Wandersleut’ genau das Richtige. In Meran und Umgebung findet man die Hofschänke Zmailer-Hof am Schennerberg. Sie ist ein ideales Ausflugsziel. Teile des Gebäudes, wie die Küche oder die wunderbaren Fresken am Hauseingang, stehen unter Denkmalschutz. Die Küche bietet alles, was das Wandererherz bzw. sein Magen begehrt. Als Geheimtipp gilt in Genießerkreisen auch der Oberlegar-Hof bei Terlan. In der Buschenschänke der Winzerfamilie Schwarz ist das Essen hervorragend. Das i-Tüpfelchen aber sind die Weine. Die Spezialität des Hofes ist der weiße Sauvignon. Sehr empfehlenswert sind auch die autochthonen Sorten Lagrein und Vernatsch. Eines der ältesten Anwesen und schon deshalb sehenswert, ist der zu Bozen gehörende Föhrnern-Hof. Hier taucht man in 870 Jahre Geschichte ein, denn der Hof wurde bereits 1135 erstmals urkundlich erwähnt. Die Winzerfamilie bringt Bodenständiges auf den Tisch – und einen Müller Thurgau 2003, der besonders harmonisch schmeckt. Das Eisacktal ist bekannt für seine Vielzahl an Buschenschänken. Der Strasserhof, oberhalb von Neustift, hat beispielsweise eine ganze Reihe guter Weine zu bieten: Einen fruchtigen Müller Thurgau, Kerner oder einen sehr aromatischen Gewürztraminer. Nach diesen Hochgenüssen, gepaart mit traditionellen Leckereien aus der Südtiroler Küche, könnte der Fußmarsch zurück ein wenig beschwerlich werden. Diese Gefahr besteht ebenso für Gäste des Huberhof im idyllischen Weiler Elvas über dem Brixener Talkessel. Auch hier sind die Weine ein Gedicht, die Speisen einfach, aber exzellent. Im 8. Jahrhundert war dieser einladende Buschenschank noch ein Kuhstall. Kinder werden sich besonders über die große Spielwiese vor dem Hof freuen. Etwas ganz Besonderes ist der Tschurtschenthaler-Hof in Sexten in der Ferienregion Hochpustertal. Er liegt auf 1.660 Metern Höhe. Über Generationen haben die Bauersleute dieses uralten Erbhofes Haushalts- und Landwirtschaftsgeräte gesammelt. Wer in der Hofschänke einkehrt, kann also nicht nur die deftige traditionelle Südtiroler Bauernküche genießen, sondern auch in 500 Jahre bäuerliches Leben eintauchen. Mehr zu Hof- und Buschenschänke unter www.suedtirol.info/toerggelen .

Gourmet-Verführung auf die feine Art

Mag der eine oder andere der bäuerlichen Kochkunst noch widerstehen – grundsätzlicher Widerstand ist in Südtirol zwecklos. Denn die Köche hier verstehen sich auch auf die feinsinnige Art der kulinarischen Verführung. So zeichnete in diesem Jahr der berühmte Gourmetführer „Gault Millau“ 70 Südtiroler Gastbetriebe mit mindestens einer Haube aus. Und auch der große und strenge „Michelin“ verlieh sechs Mal einen Stern.

Als bestes Restaurant Südtirols, laut „Gault Millau“, gilt das Castel in Dorf Tirol bei Meran. Der Gastronomieführer verlieh hier die höchste Note, eine 17, und sprach dem Hotel-Restaurant so als einzigem der Region drei Hauben zu.

Selbstverständlich dagegen scheint, dass es das Restaurant St. Hubertus in St. Kassian auch in diesem Jahr mit nur einem halben Punkt hinter dem Castel auf Platz zwei der Gault-Millau-Liste schaffte. Die neoklassische Küche von Chefkoch Norbert Niederkofler, die sich an den Traditionen der Region anlehnt und ihnen das Beste entlockt, war den Testern des „Michelin“ einen Stern wert. Auf Platz drei des „Gault Millau“ findet sich das Restaurant Zur Rose in St. Michael/Eppan. Chefkoch Herbert Hintner ist für die Tester des „Gault Millau“ einer der Köche, die entscheidend zur Erneuerung und zum Ruhm der Südtiroler Küche beigetragen haben. Seine Küche in dem bezaubernden Anwesen aus dem 13. Jahrhundert wird man so schnell nicht vergessen und wurde auch mit einem Michelin-Stern belohnt. Die Chefs de Cuisine im Kuppelrain in Kastelbell und des Schöneck in Pfalzen dürfen sich ebenfalls freuen. Sie holten sich auch einen der begehrten Sterne des „Michelin“ und erkochten sich gar 15,5 Punkte im „Gault Millau“. Doch die Konkurrenz des Kuppelrain und des Schöneck ist hart: Gleich sechs Restaurants ergatterten mit 15 Punkten im Gault Millau lediglich einen halben weniger als sie und buhlen heftig um die Gunst der Feinschmecker. Zwei weitere Michelin-Sterne Restaurants schmücken den Gourmet-Himmel in Südtirol: La Stüa de Michil in Corvara und La Siriola in St. Kassian beide in der Ferienregion Alta Badia.

Als Gästen kann uns die scharfe Konkurrenz nur recht sein. Denn wer lässt sich im Genussland nicht gerne verwöhnen? Das Fleisch ist eben schwach – und eine solche Sünde mag erlaubt sein.

Buchtipp: „Gault Millau Südtirol 2005“ in Kooperation mit „Le Guide de l’Espresso“ – zu beziehen über den Buchhandel oder online unter www.athesiabuch.it

Weitere Informationen zum Genussland Südtirol und seinen ausgezeichneten Almhütten und Restaurants finden Sie unter www.suedtirol.info/genussland

Sende
Benutzer-Bewertung
5 (2 Stimmen)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

×