26. Oktober 2005 – Verzögerte Wertstellungen,
falsch berechnete Zinsen und unerlaubte Gebührenpraktiken der Banken
schädigen Unternehmer und Privatkunden um Milliarden-Beträge.
Dies
sagte der ehemalige FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum in einem
Interview mit dem Wirtschaftsmagazin ‚Capital’ (Ausgabe 23/2005, EVT
27. Oktober). Bestätigt wird dieser Sachverhalt durch die Ergebnisse
einer exklusiven Umfrage von ‚Capital’ und dem Bundesverband der
Selbständigen (BdS) unter 1.500 Unternehmern. Dabei beklagten fast 90
Prozent der Befragten, schon einmal eine fehlerhafte Abrechnung
moniert zu haben. 85,4 Prozent der Befragten beanstandeten
zeitverzögerte Gutschriften, 42,1 Prozent überhöhte Gebühren, 13,5
Prozent fehlerhafte Zinsabrechnungen.
„Diese Zahlen sind alarmierend“, sagte Baum gegenüber ‚Capital’,
„denn bei Unternehmern steht schnell die Existenz auf dem Spiel“. Der
Ex-Politiker Baum, der heute als Rechtsanwalt in Köln tätig ist,
erhebt in ‚Capital’ schwere Vorwürfe gegen Teile der
Bankenwirtschaft: „Ich möchte den Banken nicht generell Betrug
unterstellen. Sofern die Computer allerdings vorsätzlich manipuliert
werden, um Kunden unrechtmäßig zu belasten, liegt eindeutig Betrug
vor.“ Er forderte eine stärkere Finanzdienstleistungsaufsicht, die
bei systematischer Falschberechnung hart durchgreifen müsse. „Hier
ist eine Sanktionierung durch Bußgelder erforderlich. Es reicht
nicht, wenn die Bank lediglich die fehlberechneten Beträge
zurückerstatten muss.“
Auch bei Privatkunden greifen Institute bisweilen zu. Drei von
vier Sparverträgen sind zu niedrig verzinst, stellte die
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fest. Jedes dritte Institut
erhebt Gebühren, die der Bundesgerichtshof längst für unzulässig
erklärt haben. So wird häufig ein unzulässiges Entgelt kurzerhand
umbenannt, bis der Karlsruher Gerichtshof es Jahre später wieder
kassiert. „Das ist ein ständiges Katz- und Mausspiel zwischen
Gerichten und Banken“, sagt Markus Lietz, Bankrechtler bei der
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.