Harald Rüssel von „Rüssels Landhaus St. Urban“ in Naurath am südlichen Hunsrück ist für die französische Gourmet-Bibel Gault Millau der kulinarische Aufsteiger des Jahres in Rheinland-Pfalz. Er kochte sich in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2008 in die Phalanx der 25 besten Köche der Bundesrepublik.
Bei Rüssel schwärmen die Tester von „jugendlich und unkompliziert wirkenden Gerichten in höchster Perfektion. Scheinbar spielend gelingt es ihm, feine Kalbstafelspitzröllchen und Kalbsfilettatar mit Roter Bete und Rettich zu vermählen oder Rochenflügel mit Couscous, geräucherten Mandeln und Karotten/Ingwer-Jus.“ Dafür bekam er vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 18 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für „höchste Kreativität und Qualität”.
Auf 16 Punkte steigerten sich durch kreative Gerichte Frank Buchholz vom „Buchholz“ in Mainz („Lasagne aus Biskuit, Rhabarber, Erdbeeren und Vanillecrème mit geschmolzenen Spargelstückchen und Erdbeersorbet, das mit bengalischem Pfeffer aufgepeppt war“), die beiden Franzosen Jean-Marie Dumaine und Yoann Hue vom „Vieux Sinzig“ in Sinzig („auf der Haut gebratener Schellfisch mit Taubnesselspinat und Holunderblütenessigschaum“), Renato Manzi vom „Passione rossa“ in Bad Sobernheim („gegrillten Langustinen mit einer glasig gegarten Jacobsmuschel und luftiger Farce im Spitzkohlblatt auf Ragout von leicht getrockneten Tomaten und Oliven sowie einer Jacobsmuschel unter einer Pinienkernkruste“) und Peter Steverding vom „Isenhof“ in Knittelsheim („Milchferkelrücken mit Gartenkräuter-Pesto, Gemüsefrikassee und einer mit Pfifferlingen gefüllten Dampfnudel“).
Auf 15 Punkte verbesserten sich Hubert Scheid vom „Schloss Monaise“ in Trier („Steinbutt auf jungen Zwiebeln und Pfifferlingen mit Hummersauce“) und Franz Klöfer von der „Einigkeit“ in Wörth („Lachs mit Zuckererbsen, Kartoffelbrei und Chilisauce“).
Auf Anhieb erreichten diese Note die erstmals bewerteten Mike Schiller im Koblenzer „Schiller“ dank „Terrine von Gänsestopfleber mit Portweingelee, Erbsenpüree und Mangochutney“ und Vjekoslav Pavic im Zweibrücker „Refugium“ durch „Hummer auf Hahnenkammrisotto mit Basilikumsauce“. Sie rückten damit im Verständnis des Guides in jene Küchenklasse auf, in der die Kochkunst relevant wird.
Platz 1 und 2 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in Rheinland verteidigten souverän Helmut Thieltges vom „Waldhotel Sonnora“ in Dreis bei Wittlich, der mit 19,5 Punkten wieder die Höchstnote bekam, und Hans-Stefan Steinheuer von „Steinheuers Restaurant zur alten Post“ in Bad Neuenahr, der erneut 19 Punkte erreichte.
Thieltges „brillierte bei Taschenkrebs mit Grapefruit, Melone (zu winzigen Kügelchen geformt) und Erbsenmousseline odernLangustinen-Carpaccio mit China-Gemüse und Curry/Kokos-Creme“. „Der stille Star der Südeifel, der seit 30 Jahren am Sonnora-Herd steht, gehört mit seinen „Kunstwerke der französischen Klassik oder kulinarischen Moderne voller reintöniger Geschmacksharmonien“ zu den 3 besten Köchen in Deutschland.
Steinheuer imponierte „durch Bretonische Rotbarbe, die mit Muskatblüten geräuchert und mit der äthiopischen Gewürzmischung Ducca aromatisiert war, die nach Koriander und Kreuzkümmel duftet“. Mit seiner „ausgeklügelten Dramaturgie der Genussgestaltung bis hin zu entfesselter Experimentierlust“ zählt er zu den 7 besten deutschen Köchen.
Ihre 17 Punkte aus dem Vorjahr, die für „höchste Kreativität und Qualität”stehen, erkochten sich durch inspirierte Gerichte wieder Wolfgang Becker von „Becker’s Restaurant“ in Trier („Hummer mit exotischer Anapurna/Curry-Sauce und Wok-Gemüse“), Jörg Glauben vom „Tschifflik“ in Zweibrücken („Steinbutt auf Blattspinat mit gebratenen Schnecken, Petersilien/Mandel-Püree und Tomaten in Form von gelben Geleewürfeln und roten Püreenocken“), Karl Emil Kuntz von der „Krone“ in Herxheim („Rehrückenfilet mit Selleriemousseline, getrüffelter Wacholderglace und karamellisiertem süß-saurem Pfirsich“), Johann Lafer vom „Le Val d’ Or“ in Stromberg („Kalbskopf mit gebackener Kalbsschwanzpraline, grüngefärbtem Fliegenfischkaviar und gebratenen Langustinen“) und Stefan Neugebauer vom „Schwarzen Hahn“ in Deidesheim („Rotbarbe unter würziger Kräuterkruste mit Safran-Fenchel und feiner Gazpacho-Sauce“).
Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 102 Restaurants in Rheinland-Pfalz. 92 Küchenchefs zeichneten sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Künstler am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen mussten, was einem Michelin-Stern nahe kommt.
Das schaffte unter den neu eröffneten Restaurants das „Mundus Vini“ in Neustadt an der Weinstraße.
Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe servierte der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau in Rheinland-Pfalz 5 langweilig gewordene Restaurants ab und nahm 5 inspirierte Küchen neu auf; 10 wurden höher, 8 niedriger bewertet. 2 Küchenchefs verloren die begehrte Kochmütze.
Zudem testete der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (916 Seiten, 30 €) die Luxus-Kreuzfahrtschiffe „Seven Seas Voyager“, deren Küche der Deutsche Tobias Schneider aus dem Harz leitet, und „MS Europa“, die der Wohlfahrt-Schüler Stefan Wilke bekocht. Ferner beschreibt und klassifiziert der Guide 420 Hotels.
Die 20 besten Restaurants des Gault Millau in Rheinland-Pfalz
1. Waldhotel Sonnora in Dreis bei Wittlich (19,5 Punkte),
2. Steinheuer’s Restaurant zur alten Post in Bad Neuenahr (19 Punkte),
3. Landhaus St. Urban in Naurath bei Trier (18 Punkte),
4. Schwarzer Hahn in Deidesheim,
Zur Krone in Herxheim bei Karlsruhe,
Le Val d’ Or in Stromberg,
Becker’s Restaurant in Trier,
Tschifflik in Zweibrücken (alle 17 Punkte),
9 . Gasthaus zur Malerklause in Bescheid bei Trittenheim,
Landhaus Mühlenberg in Daufenbach bei Trier,
Freundstück in Deidesheim,
Luther in Freinsheim bei Mannheim,
Isenhof* in Knittelsheim bei Landau,
Metzlers Gasthof in Hackenheim bei Bad Kreuznach,
Buchholz* und Der halbe Mond in Mainz,
Brogsitter in Bad Neuenahr,
Vieux Sinzig* in Sinzig,
Passione Rossa* in Bad Sobernheim,
Scharff’s Restaurant in Wartenberg (alle 16 Punkte).
*Aufsteiger