Fliegen in den USA unsicherer als geglaubt?

Luftfahrt-Sicherheit: Katastrophales Studienergebnis zurückgehalten – NASA befragt 24.000 Piloten zu Vorfällen

In den USA scheint es
wesentlich öfter gefährliche Situationen im zivilen Luftverkehr zu
geben, als die Behörden das wahrhaben wollen. Zu diesem Schluss kommt
eine Studie, die von der NASA in Auftrag gegeben wurde. Mehr als 24.000
Piloten wurden zu Zwischenfällen befragt, die sich im Zeitraum zwischen
2001 und 2005 ereignet hatten. Das Projekt wurde vor knapp einem Jahr
beendet. Wie der Branchendienst WTOP-News http://www.wtopnews.com
berichtet, dürfen die Ergebnisse der Studie nun allerdings nicht
veröffentlicht werden. Die Lieferunternehmen wurden dazu angehalten, die
Daten von ihren Rechnern sofort und komplett zu löschen.

Die 8,5 Mio. Dollar teure Untersuchung zum Thema „Luftfahrtsicherheit“
wurde nur aufgrund eines anonymen Informanten, der mit dem Inhalt des
Papiers vertraut war, publik gemacht. „Die Studie wurde aus Gründen der
öffentlichen Sicherheit nicht publiziert,“ meinte der stellvertretende
Nasa-Direktor Thomas Luedtke. Die Freigabe der Daten könne das
öffentliche Vertrauen in die Fluggesellschaften und die
Luftfahrtindustrie sowie Piloten, die an der Studie mitgearbeitet haben,
in eine tiefe Krise stürzen. Zudem befürchte man finanzielle Einbußen
seitens der Unternehmen, die im Luftfahrtgeschäft tätig sind.

Der anonyme Nasa-Mitarbeiter berichtet darüber, dass die Zahl der
Beinahe-Kollisionen am Boden und in der Luft, Zusammenstöße mit Vögeln,
Zwischenfälle mit randalierenden Passagieren, Feuer und Rauch an Bord,
ausgefallene Triebwerke und heftige Turbulenzen doppelt so hoch sei, wie
es seitens der Flugaufsichtsbehörde FAA dargestellt werde. Als besonders
kritisch wurde von vielen Piloten auch jene Situation dargestellt, bei
der in letzter Sekunde vor der Landung Änderungen angeordnet wurden.

In Deutschland sind gefährliche Ereignisse im Flugverkehr an die
Bundesstelle Fluguntersuchung BFU http://www.bfu-web.de zu melden. „Dazu
gehören etwa Unfälle, Störungen und schwere Störungen wie etwa
Beinahe-Zusammenstöße“, erklärt ein BFU-Experte.
Aus den Rechtsvorschriften ergebe sich eine Meldepflicht unter Androhung
von Sanktionen bei Nichteinhaltung. Gemeldet werden müssen solche
Störungen von Piloten, dem Flugzeughalter oder anderen Stellen. Dies sei
in der deutschen Luftverkehrsordnung festgelegt. Die Meldepflicht
besteht sowohl im Ereignisstaat der Störung als auch in dem Staat, in
dem das Luftverkehrsmittel angemeldet ist. „Am Ende des Jahres werden
von der BFU Abschlußberichte veröffentlicht. Einmal monatlich geben
Bulletins Auskunft über die Ereignisse“, so der Experte. Die
Abschlussberichte und die Bulletins sind online einsehbar. Zum konkreten
Sachverhalt in den USA wolle man allerdings keinen Kommentar abgeben,
erklärt der BFU-Sprecher gegenüber pressetext.

Währenddessen sind die Wogen in den USA hoch geschlagen: Die Nasa betont
mit Nachdruck, dass es zu keinem Zeitpunkt während der Datenerfassung
einen Anlass gegeben hätte, die Flugaufsichtsbehörde FAA zu
verständigen. Umgekehrt gab es seitens der FAA bereits im April 2003
Bedenken darüber, dass die Nasa-Studie derart dramatisch von den eigenen
Sicherheitsuntersuchungen abweiche. FAA-Sprecherin Laura Brown zweifelte
daraufhin die Methodik der Nasa-Studie an. „Die FAA ist zuversichtlich,
dass sie Sicherheitsprobleme bereits erkennt, bevor es zu Unfällen
kommt“, wehrt sich die FAA. Die Nasa-Untersuchungen seien absolut
zuverlässig, betont Nasa-Flugsicherheitsexperte Robert Dodd. Die
Untersuchung sei von langer Hand vorbereitet und akribisch durchgeführt
worden. Auch die Zahl der Rückmeldungen sei mit 80 Prozent sehr hoch.

Ursprünglich wurde die Nasa-Umfrage unter dem Titel „National Aviation
Operations Monitoring Service“ vom Weißen Haus in Auftrag gegeben, um
die Zahl der tödlichen Flugunfälle innerhalb von zehn Jahren um 80
Prozent zu reduzieren. Als Präsident Bush ankündigte, erneut bemannte
Raumflüge durchzuführen, wurde die Untersuchung aus finanziellen Gründen
gestoppt und auf Eis gelegt. In der Zwischenzeit haben sich bereits
Politiker zu Wort gemeldet, die eine Veröffentlichung der Daten fordern.
„Wenn Fluglinien nicht sicher sind, dann will ich das wissen“, ließ der
Abgeordnete Brad Miller vom Repräsentantenhaus verlautbaren. Die
Weigerung der Nasa die Daten zu veröffentlichen, verbreite einen üblen
Geruch, kommentierte der Politiker. Das NASA Ames Research Center in
Kalifornien hat nun jedoch angekündigt, zum Jahresende den Bericht mit
den Umfragen zu veröffentlichen.( Wolfgang Weitlaner )

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