Chilischärfe macht hocheffektives Schmerzmittel wirksam

Forscher der Harvard Medical School
http://hms.harvard.edu haben entdeckt, dass Capsaicin, der Scharfmacher
von Chilis, einem effektiven Betäubungsmittel die Tür zu den
Nervenzellen öffnet. Die neu entwickelte Substanz bietet einige Vorteile
gegenüber herkömmlichen Schmerzmitteln, da sie nur auf die
Schmerzrezeptoren wirkt, nicht aber auf alle Nervenzellen. Das
Forscherteam um Alexander Binshtok berichtet in der jüngsten Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Nature über die neusten Entdeckungen.

Taubheit in den Gliedmaßen oder gar Muskellähmungen tauchen bei der Gabe
der Substanz nicht auf, berichten die Forscher. Im Versuch mit Ratten
zeigte sich deutlich, dass die Tiere nach der Injektion weiter laufen
konnten und auf Berührungen reagierten. Herkömmliche Schmerzmittel legen
alle Nervenzellen an der Stelle lahm, an der sie injiziert wurden – ganz
egal ob es sich um Nervenzellen handelt, die Schmerzen weiterleiten oder
die Muskelbewegung steuern. Daher kommt es zu unerwünschten
Nebenwirkungen. Mit der neuen Substanz könnte etwa Menschen mit
chronischen Schmerzen geholfen werden. Aber auch ein Einsatz bei der
Zahnbehandlung oder bei der Geburt wäre vorstellbar.

Das Forscherteam setzte bei der Entwicklung des neuen Mittels zwei
Komponenten ein: Das Molekül QX314 schaltet die Zelle aus, so dass keine
Informationen mehr weitergeleitet werden können. Zum Unterschied zu
anderen Anästhetika kann QX314 aufgrund der Größe allerdings nicht in
die Nervenzellen eindringen. Deshalb setzen die Forscher zusätzlich
Capsaicin als „Türöffner“ in die Nervenzelle ein, denn außerhalb bleibt
QX314 wirkungslos. Der Scharfmacher der Chilischoten macht allerdings
nur jene Nervenzellen auf, die für den Schmerz verantwortlich sind.

In den ersten Versuchen mit Ratten erwies sich das
Zwei-Komponenten-Präparat als zuverlässig und frei von Nebenwirkungen.
Die Forscher sind der Meinung, dass die Substanz das Potenzial zur
Revolution der Schmerz- und Betäubungsmedizin habe. Bis die Substanz als
Medikament auf den Markt kommt, wird es allerdings noch dauern, denn
zunächst muss geklärt werden, ob sie auch beim Menschen genauso wirkt
wie bei den Ratten. Falls sich die Wirkstoffkombination als tauglich
erweist, wäre der Vorteil für die Humanmedizin sehr groß. „Der heilige
Gral in der Schmerzforschung ist die Eliminierung von pathologischen
Schmerzen ohne die ganzen Nebenwirkungen auf das gesamte Nervensystem“,
meint Story Landis, Direktor des US National Institute of Neurological
Disorders and Stroke http://www.ninds.nih.gov .

Joan Hester, Präsidentin der British Pain Society
http://www.britishpainsociety.org , kennt Capsaicin in Anwendung zur
Reduktion von Hautsensitivität in Verbindung mit chronischen Schmerzen.
Die Substanz erzeuge starke Hautreizungen und einige Patienten konnten
dies nicht vertragen. Das könnte auch bei der Applikation des
Medikaments unter die Haut problematisch sein. „Die Technik wurde bis
dato noch nicht am Menschen untersucht, daher kann man natürlich nicht
sagen, wie das Capsaicin tatsächlich unter der Haut wirkt“, so die
Expertin. (Wolfgang Weitlaner)

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