Bernhard Steinmann im Restaurant GOLVET

Kurz vor dem Jahreswechsel wollte ich mir noch einmal einen Restaurantbesuch gönnen und habe daher in Mecklenburg-Vorpommern, nicht gerade eine Hochburg der Spitzengastronomie, nach einem passenden Restaurant gesucht. Nachdem ich tatsächlich fündig geworden war, musste ich nur noch die gültigen Coronabeschränkungen für Meck-Pomm checken.

Naschwerk im Restaurant GOLVET (© Bernhard Steinmann)

Eine der segensreichsten Einrichtungen unseres Landes ist nämlich der Föderalismus, der aus einem eigentlich nicht übermäßig großen Land einen Flickenteppich an unterschiedlichen Vorschriften bereithält. Hinzu kommt, dass die Coronakrise unsere politischen Entscheider nicht nur unvorbereitet getroffen hat, sondern bei der Wahl der Mittel zur Bekämpfung derselben so manch kreatives Genie zutage förderte. Die Inzidenzen, R-Werte und Mutationen werden nicht nur mit den unterschiedlichsten Mitteln angegangen, auch die Sprache hat sich entwickelt und neue Begriffe geprägt. Der Begriff 2-G-Plus, den es vorher nicht gab, besagt beispielsweise, dass man beim Betreten von Hotels oder Restaurants entweder geimpft, genesen und getestet sein muss. Meiner Meinung nach eine etwas fragwürdige, weil unverhältnismäßige Regel, da ein getesteter, gesunder Ungeimpfter wohl wenig ansteckend ist. 

Jedenfalls habe ich beschlossen bei 2-G-Plus meine Speisen am heimischen Herd selbst zu kreieren. Berlin ist etwas großzügiger und gewährt Einlass mit der sogenannten 2-G-Regelung, also ohne Test. So habe ich kurzerhand im Restaurant GOLVET reserviert. Das Restaurant ist mir hinreichend bekannt. Dort habe ich bereits bei Björn Swanson und Michael Schulz diniert, nun ist Jonas Zörner Küchenchef und ich war auf dessen Kreationen gespannt.

Modern eingerichtet und mit einsehbarer Küche punktet das Restaurant zunächst einmal mit einer tollen Aussicht auf den Potsdamer Platz und darüber hinaus. In der ersten Stunde unserer Anwesenheit empfand ich die musikalische Begleitung als zu laut und störend, zumal die Unterhaltung an den Nachbartischen zwangsläufig ebenfalls von Mezzo forte über Forte zu Fortissimo gesteigert wurde. Zwangsläufig musste man den Annoncierungen des Servicepersonals volle Aufmerksamkeit schenken um überhaupt etwas mitzubekommen, was durch das Tragen der FFP-2-Masken nicht einfacher wurde.

So kam es, dass die Küchengrüße zwar geschmacklich zu gefallen wussten, die einzelnen Ingredienzien aber im Ungewissen blieben.

© Bernhard Steinmann

Grünkohl, Grünkohlespuma und Apfelkompott.

© Bernhard Steinmann
© Bernhard Steinmann

Hühneressenz, Liebstöckel, Trüffel und Fett

Der Tellerrand ist mit Liebstöckel und Fett bestrichen um sich mit der Essenz zu vermengen. Ein insgesamt aromenreiches Gericht und ein leichter, eher spielerischer Auftakt.

Daneben wird ein „japanischer Eierstich“ gereicht, unter Japankennern als Chawanmushi bekannt.

© Bernhard Steinmann

Kohlrabi, Baumnuss, Shoyu und Molke

Jakobsmuschel, Imperial Kaviar, Radicchio und Bergamotte (o.Abb.(

Deutliche Bitternoten dominieren bei ansonsten sehr zurückhaltenden Aromen. Bitternoten und eine leichte Säure begleiten die Jakobsmuschel auf eine interessante Weise. Eine kreative und gelungene Kombination.

© Bernhard Steinmann

Rind, geräucherter Aal, Quitte und Rosenkohl

Klug durchdacht oder wild zusammengewürfelt? Die kreativen und geschmacklichen Reize des Gerichts bleiben jedenfalls hinter dem handwerklichen Geschick zurück. 

Bäckchen vom deutschen Duroc, Schinken, Baumkuchen, Shiso und Wirsing (o.Abb.)

Deftig, würzig und leichte Minznoten. Ein insgesamt rundes Aromenspektrum. 

© Bernhard Steinmann

Mais, Popcorn, Oabica, Karamell

Valrhona Bahibe, Aronia, Moosbeeren und Weizengras (o.Abb.)

Wein und Service:

2020er Bourgogne Aligote, Domaine Adélie, Mercurey, Burgund

2017er Chardonnay Reserve, Lisa Bunn, Nierstein, Rheinhessen

2013er Baga „Informal“, Luis Pató, Bairrada, Portugal

2020er Pinot Noir – Merlot „Rosista“, Anette Closheim, Langlosheim, Nahe

2018er Mencia „Baloiro“, Bodega Luzdivina Amigo, Bierzo, Spanien

Der Service war freundlich, zugänglich und selbstbewusst. Die Qualität der Weinempfehlungen lag deutlich über der vergleichbarer Restaurants.

FAZIT:

Das größte Lob für die Küche von Jonas Zörner kommt von den Gästen. Das Restaurant ist an diesem Mittwoch gut besucht und die Stimmung ist unbeschwert und gut. Überall zufriedene Gesichter. 

Zörner zelebriert eine solide, stabile und grundsätzlich überzeugende Küche  die zur Berliner Weltoffenheit passt, auch wenn es manchmal so erscheint als würde er sein gesamtes Potential an kreativem Geist noch nicht abrufen. Es ist allerdings kein Fehler zu Steigerungen fähig zu sein, zumal seine sensorische Präzision kaum Mängel aufweist.

Ob vegetarische Kreationen oder solche mit Fleisch oder Fisch, immer wird die ausgeprägte individuelle Linie Zörnes sichtbar.

Restaurant GOLVET

Zusammenfassung

Das größte Lob für die Küche von Jonas Zörner kommt von den Gästen. Das Restaurant ist an diesem Mittwoch gut besucht und die Stimmung ist unbeschwert und gut. Überall zufriedene Gesichter. 

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