Endlose, grüne Hügellandschaften, tiefe Wälder, kilometerlange Wanderrouten durch unberührte Natur. Das sind die Ardennen in der belgischen Wallonie. Nur eine knappe Autostunde hinter der deutschen Grenze, südlich von Liege (Lüttich) beginnt eine Welt, die sich völlig unterscheidet von der Region jenseits der Grenze.
Wir beginnen unsere Tour durch die Ardennen vom
Städtchen Verviers aus, um die Wallonie und ihre versteckten Möglichkeiten
zu entdecken. Herausgeputzte Dörfchen tauchen plötzlich wie aus dem Nichts
am Ende einer sich durch die Landschaft schlängelnden Bergstraße auf. Meist
übergroße Kirchen und niedliche-gedrungene Bürgerhäuser, die sich an
verwundene Gassen drücken, prägen diese Ortschaften mit unaussprechlich
französichem Namen wie Theux, Samreè oder Queqe de Vache. Die meisten von
Ihnen sind auf einer Karte kaum wahrnehmbar und bilden für uns daher eine
immer eine besondere Überraschung ob ihrer Schönheit.
Wo die Zwerge das Bier brauen
Weiter geht’s zu unserem ersten Tagesziel. Hinter den Bergen, tief in den
Wäldern der Ardennen, wo kaum jemand noch eine Ortschaft vermutet taucht
plötzlich ein Schild mit dem dem Namen „Achoûfe“ auf und ein gewaltiger
Wichtel auf einem Sockel weist uns den Weg zu der nahegelegenen Brauerei
„La Chouffe“. Der Zwerg ist Sinnbild dieser Stätte der Braukunst, in der
sich eine Mannschaft aus 5 mal 7 Zwergen emsig das ganze Jahr bemüht, den
köstlichen Gerstensaft zu brauen und in die ganze Welt zu verbreiten. Wir
treffen dort auch auf drei Jungs aus Italien, die in ihrer Europa-Route
eigens zur Verkostung dieses Biers jenes Ardennen-Nest ausgewählt haben
Und die Zwerge lassen sich hier auch ins Handwerk schauen. Täglich, am
liebsten mit Anmeldung, findet eine Führung statt, in der der Prozess der
Braukunst bewundert und das Ergebnis anschließend verkostet werden darf.
Süße Versuchungen in den Bergen
Beschwingt machen wir uns auf zur nächsten Attraktion der Wallonie. Belgien
ist bekannt für seine Vielfältigkeit und hohe Qualität der
Schokoladenkünste. So ist es auch nicht verwunderlich, dass dieses Handwerk
selbst in den kleinsten Orten noch anzutreffen ist. In Erzee, mitten im
Ardennen-Hochland begüßen uns Wendy und ihr Mann von der Chocolatier
Defroidmont freundlich – sogar auf deutsch – in der eigenen Cholotier, die
nicht nur eine Werkstatt, sondern auch ein verhältnismäßig großes Museum
und natürlich einen Laden beinhaltet. Wir dürfen zusehen, wie in der
Schokoladen-Werkstatt die Kreationen ihre Form finden, wenn die flüssige-
süße, braune Masse in einem nie enden wollenden Strom aus dem Hahn in die
Schablonen läuft. Und dann heißt es verkosten. Da lässt sich Wendy gar
nicht lange bitten und kredenzt uns auf einem Silbertablett die
außergewöhnlichsten Kreationen hausgemachter Pralinès.
Wenn Oma Marmelade kocht
So verwöhnt setzen wir unsere Tour fort zu unserem nächsten Ziel, welches
nicht weniger Süße verspricht. Es ist das „Winkel-Atelier“ der Confiturie
Saint Amour in Durbuy. Eline, eine liebe Omi wie aus dem Märchenbuch
begrüßt uns freundlich und zeigt uns das „Atelier“, in dem täglich
vormittags bis zu 40 verschiedene Sorten Marmelade und Gelee hergestellt
werden – und das nun schon seit über 90 Jahren. Da finden wir Löwenzahn-
oder Fliedermarmelade, staunen über Mispelgelee und lassen uns von
köstliche Passionsfrucht-Marmelade hinreißen. Aus Blumen und Früchten werden
hier täglich die erstaunlichsten Sorten des köstlichen Brotaufstrichs
gezaubert. Da nehmen wir natürlich eine Sorten mit uns, bevor wir unsere
Reise fortsetzen.
Zickenalarm oder alles Käse?
Nach soviel Süßem steht uns der Sinn nach einer herzhaften Abwechslung. Und
so kommt uns der letzte Ausflugspunkt an diesem ereignisreichen Tag sehr
gelegen: Die Ziegenkäserei „Chèverie d`Ozo, im gleichnamigen Stadtteil des
Städtchen Izier. Schon wieder ein Ort, der auf keiner Landkarte zu finden
ist. Oben auf dem Hochplateau des Hügels treffen wir dann auf den Hof. Auch
an diesem familienfreundlichen Ausflugsziel werden wir freudig in Empfang
genommen. Ziegenbauer Lùc und führt hier mit seiner Familie den Hof und die
zugehörige Käserei. Etwa 200 Ziegen erwarten uns Meckernd aber zutraulich
im Stall und lassen sich bereitwillig streicheln. Selbst die kleinsten
Zicklein verspüren keine Scheu gegenüber uns Besuchern. Im Sommer ist das
Vieh auf den Weiden des Hofes, aber jetzt, im März ist der Stall noch ihr
Aufenthaltsort. Wir dürfen zusehen, wie sich die Ziegen melken lassen. Da
wird sich ordentlich in Reih` und Glied aufgestellt, damit die schweren
Euter zur täglichen Leerung an die Melkmaschine angeschlossen werden
können. Derweil ist Lùc schon nebenan mit der Käseherstellung beschäftigt
und produziert in hofeigener Käserei kleine, aber abwechslungsreiche
Käsevariationen, die uns das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.
Natürlich können wir auch diese im Hofladen erwerben.
Ein abwechlungsreicher und spannender Ausflugstag geht zu Ende für uns. Und
wir stellen fest, dass wir gar nicht so weit fahren mussten, um alle diese
herrlichen Genuss-Attraktionen der Ardennen zu erleben. Diese Route südlich
von Liège durch die Ardennen umfasste kaum mehr als 100 Kilometer. Jedes
Dorf hat hier etwas zu bieten. Ob Töpferei, Imkerei oder Klöppelkunst – es
gibt noch viel zu erleben in der Wallonie und wir freuen uns schon heute
auf unsere nächste Tour, die sicherlich nicht weniger spannend werden wird.
Philip Duckwitz