Alles Bio?

Schweizer setzen kräftiges Statement mit dem Einkaufskorb – Bioprodukte: Der Kauf – eine Vertrauensfrage – Der Nicht-Kauf – eine
Preisfrage

Die Schweizerinnen und Schweizer
lassen sich auch von der Wirtschaftskrise nicht die Lust auf biologische
Produkte nehmen. Der von GfK Switzerland untersuchte Markt für
Bioprodukte bleibt auch 2009 mit 5,4% konstant. Fast 50% aller
Schweizerinnen und Schweizer kaufen mindestens einmal pro Woche
Bio-Produkte. Die beliebtesten Produkte sind frisches Brot, Eier,
Gemüse, Milchprodukte und Babynahrung. Dies sind die Ergebnisse des
„GfK-Retailscan“ sowie einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung von
1000 Schweizern, die das Hergiswiler Marktforschungsinstitut GfK
Switzerland durchgeführt hat.

„Bio“ ist nicht nur sehr positiv besetzt, „bio“ ist auch sehr lukrativ –
das wissen auch Grossverteiler und Discounter, die ihre Angebotspalette
erweitern und aufwerten. Drei Viertel aller Bio-Produkte werden
mittlerweile bei den Grossverteilern coop und Migros gekauft, der Rest
bei Direktvermarktern (ab Markt/ab Hof) oder im Biofachhandel. Der
„GfK-Retailscan“ erfasst den Verkauf von Bioprodukten über die
Grossverteiler. Dabei werden bewusst jene Warengruppen ausgeklammert,
bei denen keine Bio-Produkte angeboten werden.

Marktanteil bleibt konstant

Bio-Produkte haben seit einigen Jahren einen relativ konstanten Anteil
von rund fünfeinhalb Prozent am von Marktforscher untersuchten
Lebensmittelmarkt. Die beliebtesten Produkte sind frisches Brot (14,4%
wertmässiger Anteil an den Verkäufen), Eier (16,1%), Gemüse (10,3%)
sowie Milch (15,4%) und Butter (8,1%). Der Anteil von Fertig-Babynahrung
aus Biolandbau beträgt bereits 15% des untersuchten Marktes.

Bio zieht – vom Single bis zum Fünfpersonen-Haushalt

Entgegen der weitverbreiteten Annahme, Bio sei nur etwas für
Kleinhaushalte, spricht der Umstand, dass noch 36% aller Haushalte über
fünf Personen bereit sind, Geld für Bio-Produkte auszugeben. Bei den
Single- und Zweipersonenhaushalten sind es hingegen 50%, die
Bio-Produkte bevorzugen und sich dabei auch nicht vom höheren Preis
abhalten lassen: bis zu fünfzehn Prozent mehr im Vergleich zu
konventioneller Ware sind sie bereit, für biologische Produkte zu
zahlen. Der Preis ist das stärkste Argument der Nicht-Käufer: 68% von
ihnen geben an, die Bio-Produkte seien ihnen zu teuer.

„Aus der Region“ = „bio“? Kann sein – muss aber nicht

Auch Regionalität spielt beim Kaufentscheid eine Rolle. Jedoch: Wo
„regional“ drauf steht, muss noch lange nicht „bio“ drin sein – der wohl
weitverbreitetste Irrtum, wenn es um Bioprodukte geht. Die Studie zeigt,
dass vor allem die Deutschschweizer regional-patriotisch einkaufen: 48%
der befragten Deutschschweizer gaben an, Bio-Produkte zu kaufen, um
einheimische Produkte und Produzenten zu unterstützen. Das wollen nur
29% der Westschweizer. Ein Seitenblick zeigt, das nur 16% der
Deutschschweizer „bio“ des gesunden Lebensstils wegen kaufen.

Thomas Hochreutener, Detailhandelsexperte bei GfK Switzerland, zur
Vermischung der Begriffe regional/bio: „Der Biomarkt hat, auch im
europäischen Vergleich, ein beachtliches Niveau erreicht. Die
Konsumenten sehen „bio“ breiter an, für sie fallen Begriffe wie
Regionalität, Nachhaltigkeit, faire Produktion, Rückverfolgbarkeit eine
ebenso grosse Rolle. „Bio“ ist ein Aspekt im Kaufentscheid. Alle
zusammengenommen lassen sich auf ein Schlagwort zusammenführen:
Vertrauen.“

Im Spannungsfeld zwischen Preis und Glaubwürdigkeit

Die GfK-Studie zeigt, das immerhin 23% ein Vertrauensproblem mit dem
Begriff „bio“ haben, am meisten die Befragten ab Fünfzig. Kaum etwas
lebt so sehr vom Verbrauchervertrauen wie der Begriff „Bio“ – der
Biomarkt steht und fällt mit Begriffen wie „Glaubwürdigkeit“ und
„Qualität“.

An der 10. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau an der ETH Zürich
Anfang Februar 2009 ermunterte Bundesrätin und
Volkswirtschaftsdirektorin Doris Leuthard, die Schweizer Landwirtschaft
solle ihre Trümpfe spielen: eine umwelt- und tiergerechte Produktion,
hohe Qualität, Frische, gesicherte Rückverfolgbarkeit.

Es ist sicher sinnvoller, konventionell gewachsene Äpfel aus der Schweiz
statt – womöglich noch im Winter – biologisch angebaute Erdbeeren aus
Chile, die einige tausend Flugkilometer hinter sich haben, in den
Einkaufskorb zu legen. Die Betrachtung der gesamten Produktions- und
Lieferkette, nicht nur die Frage, ob ein Lebensmittel biologisch
produziert wurde, spielt under den Aspekten Nachhaltigkeit und
ökologischer Fussabdruck eine immer grössere Rolle.

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