Eine wissenschaftliche Arbeit von Annika Kruse – Diese Arbeit entstand im Rahmen des Studiengang Tourismus, Schwerpunkt Hotelmanagement, an der Hochschule Heilbronn, Professoren Dr. Christian Buer und Dr. Michael Ottenbacher
Top-Gastronomie in Deutschland – Ein Marktüberblick
Ziel und Problemstellung
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Marktüberblick zur Top-Gastronomie in Deutschland
zu geben. Dabei stellt sich das Problem, die Top-Gastronomie von anderen Gastronomieformen
abzugrenzen. Die vorliegende Arbeit soll eine Übersicht der Anbieter
und der Nachfrager geben. Sind die Nachfrager wirklich gänzlich zu erfassen? Weiterhin
soll auf die Standorte der Top-Gastronomie eingegangen werden. Kann man
diese, um sie zu beschreiben und zu vergleichen, auf einige Kriterien zu reduzieren?
Welche Kriterien muss ein Restaurant erfüllen, um im nationalen und internationalen
Wettbewerb zur Top-Gastronomie zu zählen? Welches Konzept verfolgt die deutsche
Top-Gastronomie, um sich in einem extrem schnell wandelnden Markt behaupten zu
können? Wie entwickelt sich die exklusivste Form der Gastronomie und wie wird sie
durch Restaurantführer bewertet? Antworten auf diese Fragen werden im Folgenden
gegeben.
Aufbau und Methode
Die Autorin wird zunächst im theoretischen Teil auf die Definition des Begriffs Top-
Gastronomie eingehen und im praktischen Teil auf die Anbieter, Nachfrager und
Standorte der Topgastronomie, bevor dann im abschließenden Teil die Trends in
diesem Zweig der Gastronomie beschrieben werden. Zur Methodik ist anzumerken,
dass sich sowohl der theoretische als auch der praktische Teil dieser Arbeit auf Literatur-
und Internetrecherche stützt.
Begriffsabgrenzung und Definition Top-Gastronomie
In der deutschen Literatur war keine genaue Definition der Bezeichnung Top-
Gastronomie zu finden. Geht man jedoch zunächst von den einzelnen Begriffen aus,
so bedeutet das englische Wort ‚top’ laut Wörterbuch hochkarätig oder erstklassig.
Der Begriff Gastronomie oder auch das Synonym Gaststättengewerbe umfasst heutzutage
sämtliche Verpflegungsbetriebe, während früher unter diesen Begriff eher gehobene Restaurants fielen.(1) In vorliegender Arbeit wird jedoch nicht auf Betriebsarten
wie Restaurants mit Selbstbedienung, Cafés etc. eingegangen, sondern lediglich
auf die Top-Gastronomie, im englischen auch als fine dining bezeichnet. Fine dining
umschließt sowohl die Küche als auch den angebotenen Service eines
Restaurants. Walker zufolge werden fine dining – Restaurants von Kunden zu einem
speziellen Anlass, wie einem Geburtstag oder Hochzeitstag, frequentiert. Die Preise
für ein Menu und die Getränke seien vergleichsweise hoch. Des Weiteren seien in
der haute cuisine (2) hohe Budgets für Public Relations, hohe Personalkosten, aber
auch hohe Mieten für das Ladenlokal zu berücksichtigen. Einrichtung, Geschirr und
Dekoration beispielsweise seien kostspielig. Ein weiteres Merkmal dieser Gastronomieform
sei, dass die Speisen oft importierte, exklusive Ingredienzien wie zum Beispiel
Trüffel oder Hummer haben.(3)
Die Autorin wird in dieser Arbeit lediglich auf die Restaurants eingehen, die mit mindestens
einem Michelin-Stern ausgezeichnet sind. Sie hat sich für diese Restaurants
entschieden, da der Guide Michelin , der die Restaurants mit Sternen
bewertet, in Europa als das am meisten respektierte Ranking-System im Bereich
der gehobenen Gastronomie und Kochkunst gilt.(4)
Den Koch eines Sternerestaurants beschreiben Ottenbacher und Harrington nach die
haute cuisine wie folgt: „Best products, best preparation, best logistics and consistency.
Consistency means training your employees so that the operational procedures
are consistent and that if they cook a dish a 100 times – it always tastes the
same.”(5) Aus diesem Zitat ergibt sich ein weiterer Anspruch, den die Top-
Gastronomie erfüllen muss: beste Produkte, beste Zubereitung und vor allem Beständigkeit
in der Leistungserbringung.
Anmerkungen:
1 Vgl. Hänssler (1999), S. 49.
2 Anmerkung: Die Autorin setzt haute cuisine hier gleich mit Top-Gastronomie und fine dining
3 Vgl. Walker (2008), S. 33 f.
4 Vgl. Johnson et al. (2005), S. 170 ff.
5 Vgl. Ottenbacher, M., Harrington, R. J. (2007), S. 454.
Bewertung der Restaurants
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Restaurant zu bewerten. Zum einen hat jeder
Gast als Individuum einen ganz persönlichen subjektiven Eindruck, den er weitergeben
kann. Zum anderen gibt es jedoch verschiedene Restaurantführer, die dem
Gast vor seinem Besuch eines Restaurants Informationen geben und somit das Risiko
enttäuschter Kunden minimiert werden kann.(7) Diese Restaurantführer können regional,
national oder international ausgerichtet sein. Ein Restaurantführer beeinflusst
zum einen das Restaurant selbst aber auch den Kunden. So kann der Restaurantguide
schnell zu einem guten Ruf führen, durch eine schlechte Bewertung oder zum
Beispiel durch den Verlust eines Michelin-Sterns aber auch zu einem schlechten
Image des Restaurants beitragen. Gleichzeitig kann ein Guide zur Vertrauensbildung
des Kunden dienen. Surlemont und Johnson zufolge ist der Hauptanspruch an einen
Restaurantführer die Verlässlichkeit. Wenn ein Restaurantführer angibt, ein bestimmtes
Restaurant sei die Reise wert, dann solle dieses auch zutreffen.(8) Im Guide
Michelin zum Beispiel ist Snyder und Cotter nach diese Reabilität durch die außerordentliche
Stabilität des Ratings gegeben. Demnach werden 82% der bewerteten
Restaurants schon seit zehn Jahren im Guide Michelin aufgeführt.(9)
Es gibt zahlreiche Restaurantführer wie den Aral Schlemmeratlas oder Der Feinschmecker
für den gesamten deutschen Markt, regionale Restaurantführer wie zum
Beispiel den Führer Gusto für Baden-Württemberg oder diverse online-
Restaurantführer wie Dinnerscout oder Restaurant-Kritik. Zusätzlich gibt es verschiedene
Restaurant-Rankings, bei denen die Resultate der verschiedenen Restaurantführer
miteinander verknüpft werden. In diesem Zusammenhang ist zum einen die
Haiku-Liste zu erwähnen. Haiku ist ein japanischer Hersteller für Küchenmesser und
erstellt jährlich eine Liste, in der Restaurants auf 2.000 Plätzen gerankt werden.
Grundlage hierzu bilden der Guide Michelin, der Varta-Führer, der Gault Millau, Der
Feinschmecker und der Schlemmeratlas.10 Zum anderen gibt es den Gourmetkompass
der Zeitschrift Capital, der ebenfalls jährlich die Wertungen der oben genannten
Restaurantführer und zusätzlich die des Restaurant & Hotel Guide
7 Vgl. Surlemont, B., & Johnson, C. (2005), S.584.
8 Vgl. ebenda, S. 580 ff.
9 Vgl. Snyder W., Cotter M. (1998), S. 51 ff.
10 Vgl. Haiku Liste, www.haiku-liste.de , [Stand: 12.11.08]
sowie von Marcellino’s Restaurantreport Deutschland vereint.(11) Im Detail sollen an dieser Stelle
jedoch nicht alle Restaurantführer betrachtet werden, da das den Rahmen dieser
Arbeit übersteigen würde. In den folgenden Kapiteln wird nur kurz auf
den Gault Millau, den Varta-Führer und den Guide Michelin eingegangen.
Gault Millau
Der Gault Millau ist nicht nur unter Gourmets bekannt. Dieser Restaurantführer bewertet
die Restaurants mit Kochmützen. Ein Restaurant kann bis zu vier dieser
Kochmützen erhalten und bis zu 20 Punkte erreichen. Hat es 19 Punkte erzielt, zählt
es nach dem Gault Millau zu einem der „weltbesten Restaurants“.(12)
Der Gault Millau
wurde 1969 von den beiden Journalisten Henri Gault und Christian Millau gegründet. (13)
Varta-Führer
Der Varta-Führer wurde 1957 durch den deutschen Batterienhersteller Varta gegründet
und klassifiziert derzeit 15.000 Restaurants in Deutschland. Die Klassifizierung
erfolgt über Diamanten: fünf Diamanten deuten auf luxuriöses Flair und außergewöhnliche
Küchenleistung hin.14 Dieses entspricht, nach Meinung der Verfasserin,
der Topgastronomie am meisten.
Guide Michelin
Im Folgenden soll der Guide Michelin ausführlicher dargestellt werden. Die Statistiken
im Anhang sowie der Vergleich von fünf Sterne-klassifizierten Restaurants beziehen
sich auf den Guide Michelin. Der erste Restaurantführer für Deutschland und
die Schweiz wurde 1910 von den Brüdern André und Edouard Michelin herausgegeben,
die bis dahin ausschließlich Reifen hergestellt hatten.15 Inzwischen gibt es für
den deutschen Gastronomie-Markt den Michelin-Führer in der 45. Ausgabe. Der
Guide Michelin, in der Fachliteratur auch als ‚Red Guide’ bezeichnet,
11 Vgl. Capital online, www.capital.de , [Stand: 16.11.08].
12 Vgl. Touristenauskunft Deutschland, www.deutschland-tourist.info , [Stand: 12.11.08]
13 Vgl. Gault Millau, www.gaultmillau.de , [Stand: 12.11.08]
14 Vgl. Touristenauskunft Deutschland, www.deutschland-tourist.info , [Stand: 12.11.08].
15 Vgl. Michelin online, www.100jahre.michelin-online.de , [Stand: 22.11.08].
bewertet die getesteten Restaurants mit Sternen. Ein Stern bedeutet: „Eine sehr gute
Küche, welche die Beachtung des Lesers verdient“, zwei Sterne sagen aus: „Eine
hervorragende Küche – verdient einen Umweg“ und drei Sterne: „Eine der besten
Küchen – eine Reise wert“(16). Michelin beschäftigt derzeit 85 Restaurant-Kritiker, die
die Restaurants in ganz Europa testen.(17) Der Test-Vorgang erfolgt durch einen nicht
angekündigten anonymen Besuch der Inspektoren, die das Leistungsniveau der Hotels
und Restaurants testen. Die Auswahl der Häuser ist unabhängig. Der Guide Michelin
liefert nicht nur Informationen zu Sternerestaurants sondern gibt Auskunft über
Hotels, besonders preiswerte Adressen, Lage der Restaurants und Hotels, zu Einrichtung
und Service, sowie zu Preisen.18 Bevor ein Restaurant bewertet wird, erfolgen
mehrfache Besuche um die Beständigkeit in Qualität und Leistung zu überprüfen. (19)
Gleichzeitig bedeutet die Auszeichnung des Kochs mit einem Stern für das Restaurant
auch erhebliche Veränderungen im operationellen Bereich. Im Bereich des Marketing
aber auch in anderen Bereichen muss zum Beispiel mehr Personal eingestellt
werden, Kosten und auch Preise steigen.(20)
Wenn ein Restaurant einen Michelin Stern erlangt oder verliert, hat dies erhebliche
Folgen, vor Allem auf den wirtschaftlichen Erfolg. So kann zum Beispiel der Verlust
eines Sterns zu Umsatzeinbußen von bis zu 50% führen.(21) Das hängt unter anderem
damit zusammen, dass das Restaurant dann eventuell nicht länger im Guide
Michelin auftaucht (wenn es gar keinen Stern mehr hat). Damit zieht es weniger Touristen
und Geschäftsleute an, was Umsatzeinbußen nach sich zieht. Der Gastronom,
dessen Restaurant bisher einen exklusiven, teuren Ruf hatte, muss nun in seinem
Einzugsgebiet eine eventuell veränderte Preis- und Produktpolitik kommunizieren.
Weiterhin muss er versuchen, für die einheimischen Gäste attraktiv zu sein und nicht
den Ruf eines Verlierers zu haben.(22) Das kann eine sehr langwierige, teure und auch
schwierige Aufgabe sein.
16 Vgl. Touristenauskunft Deutschland, www.deutschland-tourist.info , [Stand: 12.11.08].
17 Vgl. Ebenda.
18 Vgl. Michelin 2007, S. 4 ff.
19 Vgl. Surlemont, B., & Johnson, C. (2005), S.583.
20 Vgl. Ebenda.
21 Vgl. Johnson et al. (2005), S. 170 ff.
22 Vgl. Surlemont, B., & Johnson, C. (2005), S.584.
Der Restaurantführer hat die Aufgabe, den ‚type II error’(23) zu minimieren, Diskretion
zu bewahren und regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Die Köche müssen konsistent
gute Leistungen erbringen, hohe Qualitätsstandards wahren und dabei kreativ
sein. Der Guide Michelin ist im Vergleich zu anderen Restaurantführern möglicherweise
langsamer in seinen Entscheidungen, einem Koch einen Stern zu geben. Um
den oben erwähnten ‚type II error’ zu vermeiden, bewertet Michelin auch keine zu
moderneren, zu schnell auf den Markt gekommenen Konzepte, da in diesem Fall die
Reabilität nicht gegeben ist.(24)
Die Informationen und Empfehlungen des Guide
Michelin und die Fähigkeiten der Köche wirken sich somit auf die Kundenzufriedenheit
aus. Nur wenn der Koch kreative Menus auf höchstem kulinarischen Niveau erbringt
und der Guide Michelin verlässliche Informationen gegeben hat, ist der Kunde
zufrieden. Die ‚Magic of Discovery’, also das zauberhafte Erleben eines Menus führt ebenfalls zur Kundenzufriedenheit.
23 Type II Error: Michelin empfiehlt ein Restaurant, was nicht zu empfehlen ist.
24 Vgl. Surlemont, B., & Johnson, C. (2005), S.587.
Der Silent-Shopper, also der Restaurant-Kritiker
gibt dann dem Unternehmen Michelin ein Feedback und es wird entschieden, ob ein
Restaurant einen Stern bekommt oder nicht. Somit erhält auch der Koch ein Feedback
ob er den kulinarischen Ansprüchen des Restaurantführers entspricht. (25)
Da der Guide Michelin unter den Köchen höchst anerkannt ist, schreibt man ihm eine
‚Leuchtturm-Funktion’ zu. Die erforderten Standards werden auf dem höchsten Niveau
der Branche angesiedelt. (26)
Abschließend ist zu erwähnen, dass das Sterne-System hauptsächlich von der Kundenzufriedenheit,
also im ersten Schritt von der Zufriedenheit des Restaurant-
Kritikers, beeinflusst wird. Um einen höchsten Grad der Kundenzufriedenheit zu erreichen,
ist ein höchstes Maß an Konsistenz in allen oparationalen Bereichen,
außergewöhnlich harte Arbeit und fast ein fanatischer Augenmerk aufs Detail nötig.(27)
25 Vgl. Surlemont, B., & Johnson, C. (2005), S.587.
26 Vgl. Ebenda.
27 Vgl. Ebenda.
Lesen Sie den 2.Teil der wissenschaftlichen Arbeit von Annika Kruse:
Sterne-Gastronomie in Deutschland:
www.gourmet-report.de/artikel/22954/Sterne-Gastronomie-in-Deutschland/
Alle fünf Teile der wissenschaftlicne Arbeit von Annika Kruse finden Sie hier:
https://gourmet-report.de/archiv/annika+kruse/
Die gesamte Arbeit von Annika Kruse umfasst sehr viele Tabellen und Statistiken, die auf dem Gourmet Report nicht abgebildet sind. Insgesamt sind es 52 Seiten. Sie können sich die hochinteressante, komplette Arbeit bei der Autorin Annika Kruse für 49 Euro direkt bestellen: annika.kruse [at] gmx.de