Liebesapfel mit Ecken und Kanten
Die Litchi
Zugegeben, auf den ersten Blick macht sie nicht viel her. Ihre ledrige, rötlich-braune Schale mit den scharfkantigen Ausstülpungen wirkt sogar etwas abweisend. Aber ist diese Schale einmal entfernt, ahnt man, warum die Chinesen die Litchi als feinste aller Früchte verehren und ihr den Beinamen „Liebesfrucht“ gegeben haben. Denn unter der rauen Hülle kommt ein perlmuttartig schimmerndes Fruchtfleisch zum Vorschein, das einen zarten Rosenduft verbreitet. Es schmeckt angenehm süß-säuerlich und bekommt durch ein leichtes Muskatnussaroma eine zusätzliche exotische Note. Diesen speziellen Geschmack weiß man in der ursprünglichen Heimat der Litchi, in China, schon seit über 4.000 Jahren zu schätzen.
Heute wird sie weltweit in allen subtropischen Gebieten angebaut, von Südostasien über Afrika bis Südamerika. Diese weit gestreuten Anbaugebiete machen bei uns ein ganzjähriges Angebot möglich. Litchis müssen vollreif geerntet werden, denn sie reifen nicht nach. Unreife Früchte gehören deshalb nicht in den Einkaufskorb. Sie sind an ihrer tief rosa-farbenen, flexiblen Schale zu erkennen. Bei reifen Litchis nimmt die Schale einen rotbraunen Ton an, wird spröde und lässt sich leicht brechen. Um an den köstlichen Inhalt zu gelangen, pellt man die Frucht einfach wie ein gekochtes Ei.
Bei den Inhaltsstoffen glänzt der rauschalige Exot vor allem mit einem hohen Vitamin C-Gehalt, der in etwa dem einer Grapefruit entspricht. Reife Litchis sind sehr empfindlich und verderben bei Zimmertemperatur schnell. Eingepackt in einem Plastikbeutel bleiben sie dagegen im Kühlschrank ein bis zwei Wochen lang frisch. Litchis isst man in der Regel ganz klassisch als Frischobst. Der bis zu zwei Zentimeter dicke Kern im Innern ist allerdings ungenießbar. In der asiatischen Küche werden die Früchte auch häufig in pürierter Form als Kompott angeboten. Besonders pfiffig ist die Kombination mit herzhaften Zutaten wie Blattsalat oder Camembert. Wer Litchis für Soßen und warme Gerichte nutzt, sollte sie auf keinen Fall mitkochen. Denn die Hitze macht aus dem verführerischen Liebesapfel schnell eine zähe, geschmacklose Kugel, mit der jedes romantische Abendessen zum Scheitern verurteilt ist.
aid, Jürgen Beckhoff