Tina Breckwoldt
Stille Nacht: Ein Lied mit Geschichte
Gebundene Ausgabe – 200 Seiten
24 €
Es weihnachtet sehr. Wieder einmal. Wie alle Menschen im fortgeschrittenen Alter erinnere ich mich gerne an die Kindheit zurück, an die Adventszeit, den Weihnachtsabend, den Gang zur Christmette und den Gesang der Gläubigen in der Kirche.
Die Wirklichkeit verklärt sich mit den Jahren, aber der damalige Bub hat noch gut in Erinnerung was Stress und Hektik in der Weihnachtszeit bedeuten. Das Wohnzimmer wurde gesperrt, damit die Erwachsenen den Baum schmücken konnten um die Kinderlein zu überraschen. Ab dem Mittag stand die Mutter für die nächsten Tage pausenlos in der Küche, um Familie, Verwandtschaft und Freunde zu bekochen. Am Heiligen Abend gab es die Bescherung nachdem auch die Großeltern den Kreis erweitert hatten. Wenn der Spaß mit den Geschenken seinen Höhepunkt erreicht hatte, mussten diese leider zur Seite gelegt werden und die Familie marschierte in die Kirche. Am Ende der religiösen Zusammenkunft wurde schließlich „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ gesungen, mißtönend und dem Takt nicht gehorchend, wie es in Kirchengemeinden halt so vorkommt.
Das Lied „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ hat mir persönlich immer sehr gut gefallen, da ich es als freudig und lebensbejahend empfunden habe.
Tina Breckwoldt, geboren 1964, hat sich auf die Spuren des Liedes begeben, in unterschiedlichen Epochen recherchiert und die moderne Rezeption des Liedes untersucht. Das Ergebnis hat sie in dem vorliegenden Buch unterhaltsam und lehrreich festgehalten.
So lesen wir von Josef Mohr und Franz Xaver Gruber, die sich 1817 in Oberndorf, einem kleinen Ort nördlich von Salzburg, kennenlernen sollten. 1818 wollten beide etwas für die Heilige Nacht verfassen. Mohr brachte hierzu ein Gedicht mit, welches er zwei Jahre vorher verfasst hatte und Gruber sollte dieses vertonen. In kürzester Zeit entstand ein Lied, wahrscheinlich erst am Heiligabend, welches am gleichen Tag aufgeführt wurde.
Das Buch beginnt zunächst mit der Geschichte über den gesellschaftlichen Hintergrund und die geistige Landschaft in Salzburg. Man muss sich in die Zeit des beginnenden 19. Jahrhunderts hineinversetzen, um die Menschen von damals besser verstehen zu können. Die Menschen sind von Krieg, Hunger und Armut gezeichnet. Das schlichte Lied, ein Gute-Nacht-Lied für das Christkind, verlieh ihrer Sehnsucht nach Frieden Ausdruck.
Natürlich wird auch der Text des Liedes ausführlich kommentiert. Der auf den ersten Blick recht schlichte Text ist bei genauerem Hinsehen überaus aussagekräftig und vielfältig.
„Stille Nacht“. Unbewegt, lautlos, leise, in sich gekehrt, geheim, verborgen.
„Heil’ge Nacht“. Heute wird in den meisten Fällen von der „Heiligen Nacht“ gesungen. Nehmen wir es einfach als sprachliche Glättung.
„Einsam wacht“. Einsam hat hier wohl nicht die heutige Konnotation von „allein gelassen“. Dies und vieles mehr wird von Tina Breckwoldt anschaulich gedeutet und erklärt.
Vom kleinen Oberndorf trat das Lied seine Reise über den Erdball an. Heute wird es an Weihnachten von rund zwei Milliarden Menschen in über 300 Sprachen und Dialekten gesungen. Auch von Ihnen?