„Ein Gegeneinander von moderner Landwirtschaft und
Verbraucherschaft gehört der Vergangenheit an“. Dies erklärte der
Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, in seiner
Ansprache anlässlich der Eröffnungsveranstaltung zur Internationalen
Grünen Woche vor zahlreichen hohen Gästen wie Berlins Bürgermeister
Klaus Wowereit, Bundesratspräsident Peter-Harry Carstensen,
EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel und Landwirtschaftsminister
Horst Seehofer. Es sei ein Lichtblick, dass die Politik nicht länger
auf Polarisierung setze, sondern zusammenbringe, was zusammen gehört.
Auf volle Unterstützung des Bauernverbandes stoße es auch, dass die
Bundesregierung sich den Bürokratieabbau zum Ziel gesetzt habe. Alle
bisherigen Anläufe zum Bürokratieabbau sind nach Ansicht Sonnleitners
mehr oder weniger „versandet“, da jemand, der Gesetze, Richtlinien
und Verordnungen schreibt, alleine nicht in der Lage ist, sie schnell
wieder abzuschaffen. „Deshalb müssen die Vorschläge zuallererst von
denen kommen, die von der Papier-, Formular- und Kontrollflut am
meisten geplagt sind“, sagte der DBV-Präsident. Der Bauernverband
werde die Bundesregierung beim Wort nehmen und erwarte, dass jetzt
endlich Schluss sei mit einseitig belastenden nationalen
Alleingängen. 1:1 sei eine zwingende Voraussetzung für vergleichbare
Wettbewerbsbedingungen in Europa.
Die Europäische Union habe ein mehr als „bescheidenes“ Jahr hinter
sich. Umso mehr sei jetzt eine geradlinige und zuverlässige Führung
in Europa gefordert. Nach Aussage Sonnleitners hat Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel mit ihrem Einstand beim EU-Gipfel in Brüssel neue
Zeichen gesetzt. „Ich anerkenne ausdrücklich, dass wir bei der
mittelfristigen Finanzplanung für die Erste Säule der EU-Agrarpolitik
eine relative Stabilität in der Förderperiode bis 2013 erreicht
haben“, so Sonnleitner. Angesichts der tief greifenden Agrarreform
sei dies ein Akt der politischen Verlässlichkeit und Vernunft, vor
allem da die europäischen Bauernfamilien sich für den Wettbewerb in
einer globalisierten Welt wappnen müssen. Zu einem wettbewerbsfähigen
Europa gehörten eine leistungsfähige Agrarwirtschaft und attraktive
ländliche Regionen, stellte Sonnleitner fest. „Dies passt aber
überhaupt nicht zu den schmerzlichen Kürzungen in der zweiten Säule“,
so der DBV-Präsident. Positiv eingestellt ist der DBV-Präsident
gegenüber der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, die sich
wohltuend vom britischen Vorgänger absetze, deren Attacken gegen die
Gemeinsame Agrarpolitik in Europa das politische Klima vergiftet
hätten.
Nicht nur auf nationaler und europäischer Ebene, ebenso
international gab es im vorigen Jahr viele Diskussionen und auch so
manche Kritik, stellte Sonnleitner fest. Bei den WTO-Verhandlungen
werde wieder mit harten Bandagen gekämpft. Dabei habe wieder der
Erfolg der „großen Verpackungskünstler“ erstaunt. So lege sich
Brasilien als weltweit führendes Agrarexportland in Fragen der
Industrie und Dienstleistungen das Armenkleid an. Die Vereinigten
Staaten versteckten ihre interne Stützung und Exportsubventionen
geschickt in der Tüte und riefen lautstark nach einer Null-Diät in
Europa. Ein entscheidendes Kriterium sind jedoch nach Meinung
Sonnleitners faire Handelsregeln. Die Europäer seien bereit, die
Exporterstattungen einzustellen, wenn auch die anderen ihre
versteckte Exportförderung – ohne Schlupflöcher – einstellen. Ebenso
bestehe die Bereitschaft, die Märkte noch weiter zu öffnen, unter der
Voraussetzung, dass dies andere auf gleichem Niveau tun. Gerade für
Deutschland als Exportnation dürften die hohen Standards im Tier-,
Natur- und Umweltschutz und im Verbraucherschutz „nicht auf dem Altar
der free-trader geopfert werden“, forderte Sonnleitner.